Was ist Barrio | Bairro Berlin?
Agenda
19:00 — 22:00
Siempre a las 19:00 horas en Crellestr. 26, 10827 Berlín
Lunes 2: Poesía de Salta con @romanoatilio & Fernanda Agüero
Lunes 16: Live Salon und Stream, con @solarteorejuela & @kingatothkina *
Lunes 23: @verandiproject presenta nuevo disco: “Face against ski”. Con poemas de @veronikactus & @zzooiikk
Lunes 30: Live Salon und Stream, con @walter_lingan & @tgn941 *
* Moderación: @iroblesyzepf & @pepepizzi
* Proyecto subvencionado por el @senkultgz

17:00
18:00 — 20:00

Has leído bien, ¡una chirigota! Hecha por y para la comunidad hispanohablante berlinesa.
La culpa de todo la tiene un evento de cultura andaluza en 2023 en el que nos conocimos algunes de las que hoy formamos el grupo. Unidas por la pasión por la música, el cariño a nuestra tierra y las ganas de cachondeo, teníamos que intentarlo. Y al final sí que se pudo, tenemos nuestro pedacito del Carnaval de Cádiz en la diáspora.
El estreno fue en marzo de este año pero no hemos parado, para nosotras el carnaval puede surgir en cualquier momento y nos hace mucha ilusión cantar rodeadas de libros en Andenbuch. Nuestro repertorio de letras 100% made in Berlin es el reflejo de la realidad migratoria que vivimos. Humor actual y la crítica política siempre presente. ¡Os esperamos!
19:00

Jueves 26 de junio a las 19:00hs
Entrada gratuita
El jueves 5 de junio a las 19:00hs tendremos el placer de recibir a la escritora argentina María Negroni en la librería para presentar su último libro Colección permanente. Le acompañará durante la charla el escritor Juan Sáenz de Tejada. Charlaremos, habrá firma de libros, ronda de preguntas, brindis y despedida, puesto que María deja Berlín tras su estancia.
En Colección permanente, la autora de El corazón del daño nos permite acceder al centro neurálgico de su museo personal, donde figuran sus obsesiones, su preferencia por el desvío y su constante apuesta por una poética de la incertidumbre. Mezclando la cita literaria, el reportaje apócrifo y la figura de un maestro imaginario con una escritura abierta a la inquietud y la intuición perturbadora, compone también su propia ética, casi un manifiesto que cuestiona el dogmatismo, la pretensión de originalidad y la banalidad de la conversación contemporánea alrededor de la literatura.
¡Nos vemos en la librería!
19:00 — 21:00

Lectura y música
20:30

El ciclo “Poesía en Berlín” busca desafiar las fronteras del idioma y crear un espacio en común, un punto donde confluyen la poesía, la música, la performance, diferentes lenguas, estilos, experiencias y trayectorias.
¿Quién no se preguntó alguna vez qué es la integración? Quizá no haya respuesta absoluta. Tal vez sea —sólo tal vez— un lugar donde nos cruzamos con un idioma que no entendemos del todo, un lugar donde descubrimos sonidos y donde otros se dejan impregnar también por nuestros fonemas.
En español, inglés y alemán (y quién sabe en qué otros idiomas), este ciclo intenta crear un espacio de pertenencia. ¿Pretencioso? No lo sabemos. Simplemente vengan.
Miércoles 2.7 en el bar Oblomov (Lenaustraße 7) a las 20:30 h.
Participan: Fernanda Mugica, Michael Ebmeyer, Moira Morgulis, Juan Ignacio Chávez, Rery Maldonado, Lars Jongeblod y Nikola Richter.
Kunstler:innen

Cristian Forte

María Negroni

María Nancy Sánchez Pérez

Juan Ignacio Chávez

José Luis Pizzi

Ingeborg Robles
Text & Bild
Nachgelesen: Dieses einsame und traurige Gespenst
Amir Valle
SERMON VOM SPUKENDEN HAUS
Ricardo Domeneck
Von Gärten und Bädern
Fabio Morábito, Juan Vitulli
“La escritura también es un acto performativo; escribir poesía es combinar cosas”: charlas de Barrio con Cristian Forte
"El hecho de que los libros estén aquí implica toda una gestión, un trabajo": charlas de Barrio con Teresa Cosci
Daniel Sarmiento
Cristian Forte
María Negroni
Foto: Alejandro Guyot
María Nancy Sánchez Pérez
Juan Ignacio Chávez
Foto: Erika Stehli
José Luis Pizzi
Seine Bücher hat er in Berlin, Tübingen, Köln, Madrid, Buenos Aires, Montevideo und verschiedenen Orten im argentinischen Patagonien vorgestellt. Als Anwalt führte er in Argentinien den ersten Prozess gegen ein staatliches Unternehmen (ELMA), das er erfolgreich auf Schadensersatzansprüche vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Zivilgericht wegen der Entlassung eines Arbeiters aufgrund von HIV/AIDS verklagte. Außerdem reichte er eine Strafanzeige gegen Cardenale Quarracino, den Erzbischof von Buenos Aires, wegen Verstoßes gegen das Antidiskriminierungsgesetz ein. Er war Koordinator des Rechtsbereichs „Schwule und Lesben für Bürgerrechte" und entwickelte in diesem Rahmen verschiedene Projekte, wie eine Erweiterung des Diskriminierungsgesetzes um die sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsidentität, sowie die Einführung der Zivilunion für gleichgeschlechtliche Paare.
Foto: Sophia Pizzi
Ingeborg Robles
Nachgelesen: Dieses einsame und traurige Gespenst

Auszug aus dem unveröffentlichten Roman No hay hormigas en la nieve
Aus dem kubanischen Spanisch von Ursula Bachhausen
Mit einem zynischen Grinsen legt dir Murillo die Ratte Handschellen an und winkt anschließend die beiden Stasi-Agenten herbei, die neben dem weißen Trabant robotergleich auf einen Befehl warten. Sie zwingen dich, den Kopf einzuziehen und auf der Rückbank des Wagens Platz zu nehmen.
»Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich Sie im Auge behalte, Landsmann«, sagt er, als du wie ein Häufchen Elend im Wagen sitzt. Zumindest fühlst du dich so. »Und wo mein Auge hinfällt, zieht sich die Schlinge zu. Das war noch jedes Mal so.«
»Wo bringen wir ihn hin, Genosse?«, fragt der Stasi-Mann im Rang eines Leutnants. »Auf dem Präsidium hieß es, das sei Ihre Entscheidung.«
»Sagen Sie Hauptmann Hessler, er soll sich an das vereinbarte Verfahren halten«, erklärt Murillo. »Der Verrat dieses Mannes hat sich auf deutschem Staatsgebiet ereignet, also ist es Sache der Staatssicherheit, die ersten Schritte einzuleiten. Bei einem Deserteur mit Diplomatenstatus muss ich erst die Führung in Havanna um Instruktionen bitten, bevor entschieden wird, was mit ihm zu tun ist.«
Der Fahrer lässt den Trabant an. Als er sich in den zu dieser Morgenstunde bereits dichten Verkehr auf der Hauptstraße einfädeln will, klopft Murillo mit den Fingerknöcheln auf die Motorhaube. Der Stasi-Leutnant streckt den Kopf aus dem Seitenfenster und sieht ihn an.
»Was ich noch sagen wollte«, erklärt Murillo. »Es ist nicht nötig, diesen Kerl mit Samthandschuhen anzufassen, nur weil er Diplomat ist. Er ist ein mieser Verräter und sollte als solcher behandelt werden...«
In der kubanischen Botschaft in Ostberlin hießen die beiden Reinaldos nur »Dick und Doof«. Reinaldo Murillo war ein schmächtiger Mann mit langen Armen, knöchrigen Händen und einem spitzen Gesicht, doch am augenfälligsten an ihm war sein boshafter Blick. Er war der typische Opportunist, der bei Kubas politischer Polizei Karriere gemacht hatte, indem er mit fanatischem Eifer alles unternahm, was auf Kuba in diesem Amt Erfolg verhieß: In der turbulenten Anfangszeit der Revolution denunzierte er aus eigenem Antrieb revolutionskritische Äußerungen seiner Freunde und Kommilitonen an der Universität von Havanna. Später, als verdeckter Ermittler, leckte er eilfertig und versiert die glänzenden Stiefel seiner Führungsoffiziere, die ihn als Informanten in den Kreis der Fremdsprachendozenten einschleusten, die im neu gegründeten Übersetzer- und Dolmetscherdienst Equipo de Servicios de Traducción e Intérpretes, im Allgemeinen nur kurz ESTI genannt, mit Ausländern zusammenarbeiteten. Und nachdem er seine hündische Treue als berufsmäßiger Denunziant unter Beweis gestellt hatte, widmete er sich schließlich mit bedingungsloser Hingabe sämtlichen Aufgaben, mit denen er als frischgebackener Beamter des kubanischen Außenministeriums betraut wurde. Als neuer Leiter der Geheimdienste in der diplomatischen Vertretung Kubas in Berlin stolzierte er durch die Botschaft, das Konsulat, die in der DDR ansässigen kubanischen Handelsvertretungen, ja sogar durch die deutschen Ministerien, die dienstlich mit Kuba zu tun hatten, mit derselben Überheblichkeit, mit der ein Feudalherr seine Güter besichtigt. »Ich behalte euch im Auge, Genossen«, sagte er liebend gern und deutete dabei stets mit dem langen Zeigefinger 196 auf sein rechtes Auge. Seine Züge, die ohnehin denen einer gereizten Ratte ähnelten, verzerrten sich bei diesen in pech-schwarzen, drohenden Zynismus gekleideten Worten noch stärker, was ihm den Beinamen »Murillo die Ratte« eingetragen hatte.
Reynaldo Fenelo, der zweite der beiden Reinaldos in der Botschaft, hätte das perfekte Double für Oliver Hardy abgeben können, den genialen, beleibten Schauspieler der berühmten »Dick und Doof«-Filme. Er besaß sogar das gleiche gutmütigsanfte Wesen, das den US-Schauspieler in dessen Filmen auszeichnete. Fenelo wurde zur Zielscheibe der notorischen Scherzbolde unter den Hausmeistern und Fahrern der Botschaft, da seine Hosen, genau wie beim dicken Hardy, stets zwischen den Pobacken kniffen. Angesichts seiner umgänglichen, höflichen und bodenständigen Art wunderten sich alle, wie er der beste Freund der abstoßenden Ratte Murillo geworden war. Doch das wusste keiner, es gab allenfalls ein paar Theorien und den einen oder anderen Hinweis darauf, wie es dazu gekommen sein mochte. Wahrscheinlich war es so, dass Fenelo trotz seiner sanftmütigen Art eine dem selbstmörderischen Wagemut des legendären Rambo der Yankee-Filme ähnelnde Kühnheit an den Tag gelegt hatte, als er, nach Vietnam entsandt, als Artillerieberater der vietnamesischen Armee gegen die US-Invasion kämpfte. Schon damals war er eher untersetzt gewesen, auch wenn er erst nach einer Schilddrüsenoperation richtig dick wurde, doch sein langjähriges Training bei den Spezialeinheiten trug ihm bei den Kommandanten des Vietcong einen gewissen Ruf ein, und es erfüllte ihn mit Stolz, vom legendären Ho Chi Minh höchstpersönlich mit Missionen betraut worden zu sein.
Kurz gesagt, die beiden hätten unterschiedlicher nicht sein können, was noch einmal dadurch unterstrichen wurde, dass der dicke Fenelo fast zwanzig Jahre älter war als Murillo die Ratte. Und diese augenfällige Diskrepanz beeinträchtigte zusammen mit zahlreichen subjektiven Faktoren die Analyse dessen, was diese beiden ungewöhnlichen Männer in ihrem Büro trieben, um die Sicherheit des in Deutschland akkreditierten kubanischen diplomatischen Korps zu garantieren. Es war unmöglich auszumachen, ob interne Befehle wie das Verbot, mit Fremden in der Botschaft auch nur ein Wort zu wechseln, ohne es zu melden, auf Murillos Machtstreben zurückgingen und von Fenelo unterstützt wurden oder ob diese Maßnahmen auf Fenelos Erfahrung beim Personenschutz beruhten - bei seiner dortigen Tätigkeit ging es vor allem darum, Spionage- und Gegenspionagemaßnahmen einzuführen - und von Murillos krankhaftbesessenem Wahn, alles in seinem Umfeld zu kontrollieren, vergiftet wurden.
Du solltest, um nur ein Beispiel zu nennen, nie erfahren, ob der höfliche Ton, den Murillo die Ratte dir gegenüber anschlug, der Tatsache zu verdanken war, dass er von deiner langen Freundschaft mit dem dicken Fenelo wusste - vielleicht erfüllte sich ja hierin der bekannte Spruch »Der Freund meines Freundes ist mein Freund« - oder ob ihm bekannt war, dass du dich nicht den Kreisen der Miesmacher angeschlossen hattest, die ihre Vorgesetzten hinter vorgehaltener Hand kritisierten, in deren Gegenwart aber voll des falschen Lobs waren, sondern seit deiner Ankunft in der Botschaft einzig und allein deine Arbeit gemacht, will sagen, bei den Treffen des Botschafters mit Vertretern deutscher Institutionen gedolmetscht hattest. Und ansonsten den Mund hieltest. Du fügtest dich ohne einen Mucks selbst solchen Anordnungen, die dir als blanker Unsinn erschienen, denn du warst für deinen Aufenthalt dort nicht etwa ausgesucht worden, weil du »von Beruf Sohn« gewesen wärest und daher ein Anrecht auf lange Studienzeiten oder Ferien fern der Heimat hattest, etwas, das für den einfachen Kubaner von der Straße schlichtweg undenkbar war, und auch nicht als Lohn für bei der Verteidigung der Revolution erworbene Verdienste, wie es sich manch anderer ausbat, der nur zu gern ein paar Jährchen fern von Kubas Mangel verbringen wollte, und auch nicht, weil irgendeiner mit Macht in der politischen Nomenklatur beschlossen hätte, dir unter die Arme zu greifen, damit du dich ein bisschen von der immer angespannteren Lage in Kuba erholen konntest. Du warst dort, weil du in deinem Job der Beste warst: Dich erinnerte Deutsch 198 nicht an Hundebellen wie manchen deiner Kommilitonen, nein, in deinen Ohren klang es lieblich, und da du schon immer ein leidenschaftlicher Leser gewesen warst, versprach es dir sogar einen zweifachen Genuss, denn während deines Studiums hatte dir der weise Professor Ricardo Repilado von den großen deutschen Philosophen erzählt, und sie in ihrer Muttersprache zu lesen erlaubte dir, dich in ihre Gedankenwelt hineinzuversetzen.
»Vergiss nicht, Javier«, sagte Murillo die Ratte am Tag deiner Ankunft aus Havanna noch auf dem Parkplatz des Flughafens zu dir, während du deine beiden alten Rücksäcke in seinen Kofferraum legtest. »Dieses Auge folgt dir überallhin.« Und du weißt nicht, ob sein leichenblasser Finger, der auf das Auge zeigte, mit dem er dein Leben zu überwachen geschworen hatte, bei dir einen nachhaltig schlechten Eindruck hinterließ oder ob du die sanftmütige Herzlichkeit im Blick des dicken Fenelo als stilles Einvernehmen empfandest, aber eins weißt du gewiss: dass Murillo deine Antwort nie vergessen wird.
»Bei mir zieht das nicht, Genosse Murillo«, entgegnetest du mit einer Ruhe, die dich selbst noch immer verwundert. »Ich bin hier, weil ich es verdient habe, aber meinetwegen hätten sie mich auch ins tiefste Afrika schicken können. Mir geht es nur um die Arbeit, also sparen Sie sich Ihre Drohungen.«
Erst viel später solltest du erfahren, dass diese ruppige Drohung, die wie verfaultes Brackwasser aus dem Morast in seinem Herzen hervorzusprudeln schien und mit der er Neuankömmlinge empfing, nur um sie später wieder und wieder daran zu erinnern, eine logische Folge der Höhen und Tiefen war, mit denen er sich nahezu täglich in dem Beruf herumschlagen musste, den er und der dicke Fenelo gewählt hatten. Seine Aufgabe bestand nicht so sehr in der Aufstellung von Sicherheitsnormen - da diese aus den Amtsstuben der Strategen in Havanna kamen - als vielmehr in deren Durchsetzung, und wie Fenelo dir kurz darauf erzählen würde, bereitetet nicht ihr vom diplomatischen Korps ihm Kopfzerbrechen, denn ihr wart aus Sorge, euch die Gunst eines vorübergehend anständigen Lebens im Überfluss zu verscherzen und nach Kuba zurückgeschickt zu werden, in der Regel recht fügsam und diszipliniert.
»Es sind diese Papasöhnchen, die einem den letzten Nerv rauben können, Javier«, vertraute der dicke Fenelo dir an, und die absurde Beharrlichkeit, mit der er bei diesen Worten auf seine Finger blickte, sagte dir, dass er nervös war. »Sie sind in einer goldenen Wiege zur Welt gekommen und hatten von klein auf alles, jeder ihrer Launen wurde von den hohen Tieren immer nachgegeben, und wenn sie dann herkommen, fühlen sie sich, als gehörte ihnen die Welt, und lassen die Sau raus. Was meinst du wohl, wer Rei den Namen Murillo die Ratte angehängt hat? Einer der Söhne von Fidels großem Bruder Ramón.«
Der junge Mann studierte in Russland Naturwissenschaften, »aber frag mich nicht, was, wir wussten nur, dass es irgendetwas mit Naturwissenschaften war«. Anstatt während der Semesterferien nach Kuba heimzukehren, kam er nach Deutschland, das von den für ihn in Moskau abgestellten Sicherheitsdiensten vermutlich als sicher eingeschätzt wurde, und bereiste nicht nur Städte in befreundeten Ländern - das faszinierende Prag, Budapest mit seiner Mischung aus Mystik und Modernität, das nüchtern schöne Sofia, die Stadt der Rosen ... sondern auch, mit großem persönlichem Sicherheitsapparat, solche in feindlichen Ländern wie Athen, Istanbul und Amsterdam.
»Er wurde drogensüchtig und verfiel den teuren Huren der Warmoesstraat, der Straße im Amsterdamer Rotlichtviertel, auf der die Huren Sadomaso-Sex anbieten«, fuhr Fenelo kopfschüttelnd fort, als könnte er noch immer nicht glauben, was er dir da berichtete. »Du würdest bestimmt denken, ich übertreibe, wenn ich dir erzählen würde, wie oft wir dorthin fliegen mussten, um ihn von irgendeiner Polizeiwache oder aus einem Krankenhaus zu holen, mit mehr Drogen als Blut in den Adern und als Folge der Spielchen, auf die er so sehr stand, am ganzen Körper grün und blau wie ein geprügelter Hund. Schließlich kam Rei auf die Idee, dass es für uns billiger sei, vor Ort, dort, wo der Mistkerl seinen Urlaub verbrachte, einen Anwalt zu engagieren. Das ersparte uns die Reiserei, die 200 Kosten und die Scherereien mit der niederländischen Polizei.«
»Warum hast du das nicht nach oben gemeldet?«, fragtest du neugierig.
»Das hat nur einer gewagt«, antwortete er. »Ein Hauptmann, der in der Sierra Maestra unter Ches Befehl stand und in den Sechzigern als Dank für seinen Mut Leiter des Geheimdienstes in Moskau wurde. Einer der wenigen ehrlichen Typen, die mir untergekommen sind.«
»Deinem Ton nach zu urteilen, ging die Sache nicht gut aus.«
»Er ist jetzt Wärter im Löwengehege im Zoo von Havanna.«
»Im Löwengehege?«
»Und bei den Affen.« Auf seine Worte folgte ein tiefer Seufzer, als strömte Luft aus einem Blasebalg. »Vom Teufelskerl in der Sierra Maestra zum Hinternabwischer der Löwen und Affen im Zoo. Meinst du denn, danach traut sich noch jemand, bei den hohen Tieren in Havanna irgendwas über die Unverfrorenheit dieser kleinen blaublütigen Penner fallen zu lassen?«
Marions blaue Augen und die überbordende Sinnlichkeit ihres wallenden blonden Haars scheinen geradewegs aus der Hölle zu kommen. Damals, als du in Havanna am Spracheninstitut Deutsch studiertest, fiel dir eines Tages in der Bibliothek ein Buch über Malerei in die Hände mit dem Titel »Berühmte und mythische Frauen«, und selbst wenn du darin wahre Wunderwerke der Malerei entdecktest, die zeigten, dass fast alle Maler der Menschheitsgeschichte vollkommen zu Recht von der Perfektion des weiblichen Körpers besessen gewesen waren, konntest du dir nie erklären, welch mysteriöse Macht dich trieb, immer wieder nach diesem Buch zu suchen und bei einem Gemälde mit dem Titel »Lilith« von John Collier aufzuschlagen. Auf dem Bild wand sich eine riesige Schlange um das Bein einer schönen nackten Frau, sie um-schlang ihre Hüfte, verdeckte sittsam ihr Geschlecht und schlängelte sich weiter, bis ihr großer Kopf auf der Schulter der jungen Frau lag, als wollte sie verzückt deren sinnliche weiße Brüste betrachten. In dieser Umschlingung lag nichts Gefährliches. Obwohl sich seine scharfen Äuglein und seine schmale, libidinöse Zunge auf die kleinen rosa Brustwarzen richteten, schien das Tier weniger in die Nacktheit der jungen Frau eindringen als vielmehr mit ihr verschmelzen, sie wie einen Besitz genießen zu wollen, aber so - und vielleicht war es das, was dich an diesem Bild magnetisch anzog als wollte diese in ihrer jungfräulichen, hilflosen Pose besessen werden. Es war das perfekte Abbild des spirituellen Zustands, den zwei Wesen vor der körperlichen Liebe erreichen, und es gab in dieser Szene nichts Groteskes, Pornografisches, Bedrohliches, Animalisches oder Verdorbenes.
Vielleicht wusstest du deshalb gleich, dass du sie gern »meine Lilith« nennen wolltest, auch wenn du nicht den Mut hattest zu gestehen, dass du sie auf der Botschaftsparty - anlässlich des Jahrestages des 26 Juli 1953, dem Tag, an dem Fidel zwei von Batistas Militärfestungen überfallen hatte und der daraufhin in der Geschichtsschreibung als Beginn des Befreiungskrieges gegen den Diktator Fulgencio Batista galt - in jenem Moment, als du sie in ihrem blauen Kleid mit dem tiefen Ausschnitt, der königliche, aufreizende Brüste erahnen ließ, zum ersten Mal erblicktest, nackt vor dir gesehen hattest. Ihr Anblick weckte in dir auf der Stelle die Erinnerung an die betörende Nacktheit der blonden Frau auf Colliers Gemälde. Mit dem faszinierenden Zusatzeffekt, nicht zu wissen, warum du bei der Erinnerung an den von der Schlange schützend, besitzergreifend, eifersüchtig umwundenen Körper das Gefühl hattest, Marion, diese schüchterne, sinnliche Blondine, die plötzlich vor dir stand, sei ebenfalls nackt. Als ihr euch nach einer kurzen Vorstellung - »Javier, das ist Marion, die Kuba- Expertin im deutschen Finanzministerium« - unterhieltet, entging ihr sicher nicht, dass du wie geblendet von dem Zwinkern ihrer einschmeichelnden Brüste warst und deinen Blick mit der gleichen Beharrlichkeit auf ihnen ruhen ließest wie die Schlange auf Colliers Gemälde, wenngleich in deinem Fall ein eher animalisches Verlangen darin lag. Vielleicht ist dies deshalb einer der Momente in deiner Beziehung zu Marion, der dir jedes Mal, wenn du dich daran erinnerst, leibhaftig 202 präsent ist:
»Auf diese Kleine haben alle ein Auge geworfen, Javier«, warnt dich Fenelo, der mit seinem massigen Körper die Federn eines der Sofas im Empfangssaal der Botschaft quält, freundschaftlich, als du an ihm vorübergehst, um an der behelfsmäßigen Bar Drinks für dich und deine Lilith zu holen. »Aber dieses Weib ist wie Jeanne d'Arc.«
»Eine Lesbe?«, fragst du und denkst: »Verdammter Mist!«
»Ach was, Mann!«, widerspricht dir der Dicke zu deiner Erleichterung. »Eine harte Nuss. Es heißt, sie sei eine von denen, die einen erst ganz heißmachen und dann hängen lassen. Oder eine Luxushure, die auf Qualitätsfleisch steht, also nur hohe Tiere vernascht. Aber ich glaube, dass das bloß Tratsch von gekränkten Kerlen ist, denen sie eine Abfuhr erteilt hat.«
»Weißt du, was mir mein Kollege gerade erzählt hat?«, fragst du Marion, als du wieder bei ihr bist. »Dass hier alle versucht haben, dich ins Bett zu kriegen, du aber keinen rangelassen hast, und dass deshalb die, denen du den Kopf verdreht hast, sagen, du würdest Männer erst heißmachen, um sie dann sitzen zu lassen, und die, die immer alles schlechtmachen müssen, behaupten, du würdest nur mit den wichtigen Bossen schlafen ... Wie es aussieht, ist mein Kollege der Einzige hier im Raum, der gut von dir denkt. Der Dicke auf dem Sofa da drüben.« Du deutest mit dem Kinn zum dicken Fenelo hinüber. »Er sagt, das sei bloß Gerede von Kerlen, die es kränkt, dass du sie hast abblitzen lassen.«
»Und zu welcher der beiden Gruppen der »gekränkten Ker- le< gehörst du?«, erwidert sie und deutet mit dem Nachdruck, mit dem sie »gekränkte Kerle« sagt, an, dass das von allem, was man sich über sie erzählt, wohl am ehesten zutrifft. »Würden wir die hier fragen«, sagt sie und deutet, ohne den Blick von dir abzuwenden, mit dem Finger auf die Wölbung ihrer im tiefen Ausschnitt zusammengedrückten Brüste, »würden sie dich der sexuellen Belästigung bezichtigen.«
»Ich bin einer, der denkt, dass er ohnehin immer einen Korb bekommt«, sagst du und versuchst, ein möglichst natürliches Lächeln aufzusetzen, wenngleich du spürst, dass dir nur eine Grimasse gelingt, die ebenso theatralisch ist wie der kühne Auftritt, den du gerade inszeniert hast.
»Also wirst du versuchen, mich zu erobern...«
»Das tue ich schon seit zwölf Minuten ...«, du unterbrichst dich und blickst auf die Uhr, bevor du fortfährst,»... dreiundzwanzig Sekunden und funfundvierzig hundertstel Sekunden. Wenn du mit einkalkulierst, dass ich dich trotz der Geräusch-kulisse aus Salsa und dem Geschrei derer, die sich trotz der Musik Gehör verschaffen wollen, angemacht habe, dann denke ich, dass ich mir das Recht verdient habe, heute Abend, zumindest für die Dauer dieser Party, an deiner Seite zu sein.«
Sosehr sie auch wie eine knallharte, unabhängige Frau wirken mochte, sie war ein zartes, kleines Tierchen, das sich am liebsten in seinem anheimelnden Versteck, seiner Höhle aufhielt, einer winzigen Wohnung in einem tristen grauen Gebäude, nur wenige Blocks vom Colosseum-Kino entfernt: ihrem ganz persönlichen, nicht übertragbaren und vor allem aber geheimen Antiquitätenmuseum. Allerdings bedeutete das Wort »Antiquitäten« in diesem Fall nicht das Übliche. Es hatte nichts mit »altertümlich« zu tun, nichts mit jener »Eigenschaft, die bei Gegenständen den Lauf der Zeit markiert«, von der in Wörterbüchern die Rede ist. Eine Ecke mit Fotos ihrer Kindheitsfreunde - Marion hatte durchblicken lassen, dass sie gerade erst sechsundzwanzig Jahre alt geworden war -, das Teegeschirr, das ihre Großmutter mütterlicherseits benutzt hatte, wenn sie an den Wochenenden zu Besuch kam, ein paar Holzfiguren, die ihr erster Freund mit vierzehn Jahren geschnitzt hatte, das Manuskript eines berühmten Stücks, das ihr Onkel Tepy, der Bruder ihrer Mutter, in der Volksbühne am Rosa- Luxemburg-Platz aufgeführt hatte. Das waren, unter anderem, ihre Antiquitäten.
»Wir glauben, dass Antikes mit Dingen zu tun hat, die uns fremd und fern sind, weil sie aus anderen Zeiten stammen, stimmt's?« Ihre Frage klang eher wie eine Feststellung, ein Zeichen, dass du nicht zu antworten brauchtest. Also nicktest du nur leicht, bevor sie fortfuhr: »Aber es gibt Dinge, die fremd 204 sind, die fern sind, und zwar nicht, weil sie aus einer weit zurückliegenden Zeit stammen, sondern weil sie dir genommen wurden und alles geradezu zu schreien scheint, dass es endgültig ist, dass du sie niemals wieder sehen, berühren, riechen wirst. Verstehst du? Deshalb nenne ich sie meine Antiquitäten.«
Ganz nebenbei schützte sie sich so vor allzu großer Neugier. Wenn sie von diesen Gegenständen sprach, stellten sich alle - selbst du, bis du in ihrer Wohnung warst - fälschlicherweise Räume mit alten Möbeln, Gemälde vergessener Maler in altmodischen geschnitzten Rahmen, venezianische oder chinesische Vasen und Regale voller Kristallgläser aus längst vergangenen Zeiten vor, kurzum eine anachronistische Wohnung inmitten eines der modernsten Bezirke Berlins. Es war Marions Glück, dass sich niemand vorstellen konnte, wie die Fotos sie in die gemeinsamen Jahre mit Freunden zurückversetzten, die sie nach deren Flucht auf die andere Seite der Mauer aus den Augen verloren hatte; wie sie beim Teetrinken wieder ihre Großmutter vor sich sah, mit dem sanften Lächeln im runzligen Gesicht, einen leibhaftigen Geist, dem Friedhof entkommen, den sie nicht besuchen durfte, weil er in jenem Teil Berlins lag, den ihre Vorgesetzten im Finanzministerium als feindliches Gebiet bezeichneten; wie sie ihren Freund beim Abstauben des Bücherregals, in das sie seine Schnitzereien gestellt hatte, jedes Mal in einer Ecke des Zimmers sitzen sah, stumm darin versunken, ein Stück Holz zu formen, das er im Stadtwald gesammelt hatte, und erst dann das Bild des Jungen ausgelöscht wurde, dessen Hals von einem Gewehrbajonett durchbohrt war, das Bild, das ihr der Polizist gezeigt hatte, damit sie den »Volksverräter« identifizierte; und wie das Theaterstück, verfasst in der krakeligen Kinderschrift ihres Onkels, von ihr auf dem lauten Robotron, einer Auszeichnung aufgrund ihrer Verdienste im Finanzministerium, ins Reine geschrieben, wie dieses Theaterstück sie noch einmal den Moment erleben ließ, als sie ihn in einer der Rollen des Stückes auf der Bühne gesehen hatte, nur wenige Monate bevor es wegen »ideologischer Probleme und revolutionärer Schwäche« zensiert worden war und ihr Onkel, atemlos von der irrationalen Hetzjagd, die ihn zu verschlingen drohte, die unvergesslichste seiner Inszenierungen aufführte und sich den Lauf von Großvater Freds zweiläufiger Flinte in den Mund steckte... und den Abzug drückte.
»Aber wohnst du nicht zwischen Gespenstern? Sie sind doch tot, Marion.« Du konntest dir nicht vorstellen, so zu leben.
»Es gibt Tote, die sich mehr um einen kümmern als die Lebenden«, antwortete sie.
»Das klingt mystisch«, erwidertest du, auch wenn du am liebsten gesagt hättest, dass es falsch klang, weil Mystisches für dich stets vom giftigen Gestank der Falschheit umweht wurde.
»Für die Toten, von denen du sprichst und die >meine Tote< sind«, sagte sie mit zornigem Nachdruck, »für diese Toten zählt nur, dass ich meine Seele nicht verliere, Javier. Und du weißt sehr wohl, wie viele es da draußen gibt, die ihre Seelen verloren oder an den Meistbietenden verkauft haben. Was meinst du, wer ist verkommener: »meine Toten< oder diese Leute?« Sie zeigte auf den Ausschnitt der Stadt hinter dem Fenster, der dir tatsächlich wie eine tote, kalte, seelenlose Landschaft erschien.
Allmählich glaubtest du, dass Marion etwas von einer Magierin hatte: Ihre Toten schienen sich tatsächlich um sie zu kümmern, wie Verschworene verwöhnten sie sie in ihrer Einsamkeit, die sie an den Wochenenden mit dir zu teilen begann, nachdem ihr die Arbeit im Finanzministerium beziehungsweise die Aufgaben als Übersetzer in der kubanischen Botschaft hinter euch gelassen hattet, und du könntest sogar schwören, dass dich die sanftmütigen Geister schneller als gedacht als Teil des geheimen Lebens ihres Schützlings akzeptierten. Hatten sie nicht anfangs so sehr gezweifelt, dass sogar du ihren rasselnden Atem, das sanfte Reiben ihrer Schritte auf dem Teppich hören konntest? Sie belauerten dich, unangenehm berührt von diesem Eindringling, der in jene freigeistigen Gewohnheiten einbrach, mit denen sie zu verhindern suchten, dass die andere, die tote Welt draußen in den Straßen Marions Herz vergiftete und aus ihr eines jener seelenlosen 206 Wesen machte, die einander wegen der spärlichen Schlupflöcher der Freiheit grollten, die die Gesellschaft ihnen zugestand. Später dann, sicher ermutigt durch die süße Unterwerfung, mit der sich Marion dir hingab, in solch friedlichen Momenten wie dem gemeinsamen stillen Genießen des syrischen grünen Tees, den sie sonntagnachmittags zubereitete, oder solch zügellosen wie bei deinem sexuellen Drängen (bei dem die unsichtbaren Lauscher gewiss erkannten, dass es sich trotz der vermeintlichen Grobheit der Vereinigung um einen Akt reinster Liebe handelte), kamen sie still und leise näher und umwoben dich schließlich mit derselben Komplizenschaft wie sie. In dieser Nähe wurden deine Abwehrmechanismen brüchig, die dir in Kuba oder unter deinen Kollegen in Berlin halfen, im Dschungel aus Illoyalität, Konkurrenzdenken, Denunziationen und Verdächtigungen, dem Territorium der Diplomaten, zu überleben. Vielleicht übertrug sich das aufsässige Wesen der Geister um dich herum, sodass du mit einem Mal laut über Dinge sprechen konntest, die du außerhalb dieser Wohnung nicht über die Lippen gebracht hättest, verstummt durch das allgemeine, angeratene, freiwillige Schweigegelübde, welches das Verhalten der Menschen im öffentlichen Raum in der DDR und Kuba auf skandalös identische Weise prägte.
»Hast du 1984 gelesen?«, fragte Marion eines Sonntags. Ihr saßt zusammen auf dem Balkon und genosst die ersten schüchternen Sonnenstrahlen, die das Ende eines harten Winters verhießen, und du schnuppertest das bittere Aroma des grünen Tees, den sie dir soeben in einer dampfenden Tasse gereicht hatte. »Ein Bericht?«, fragtest du dich, und die göttliche Hexe, die unter ihrem durchscheinenden Morgenrock nackt war, merkte wohl, dass du keine Ahnung hattest, wovon sie redete.
»Du musst es lesen.« Sie erhob sich und ging zu dem Regal in der Ecke, in dem die vor Jahren geschnitzten Skulpturen ihres Freundes standen. »Es ist ein Roman. Orwell sollten alle lesen, aber ich wette, dass ein Kubaner in diesem Buch noch viel mehr zu entdecken vermag als irgendwer sonst auf der Welt.«
Sie kehrte mit zwei mitteldicken Büchern auf den Balkon zurück, eingeschlagen in das Titelblatt einer hässlichen kleinen Broschüre, die du Monate zuvor in den Auslagen der Kioske gesehen hattest, »Wir wünschen uns ein Baby - Möglichkeiten der Geburtenregelung«, ein offizieller Führer zur Familienplanung. Es war merkwürdig: Auf den übrigen Büchern in Marions Regalen, allesamt Publikationen der deutschen Staatsverlage, prangten abscheuliche Einbände, ein überdeutliches Zeichen des schlechten Geschmacks deutscher Designer.
»Dies sind die ersten beiden, die du unbedingt lesen musst«, hörtest du sie sagen. »Nimm das zweite Schubfach aus dem Regal, wenn du sie dir holen willst. Ganz hinten findest du einen kleinen Stapel von dem, was wir bei der Arbeit verbotene Literatur< nennen. Fang mit dem hier an.«
Sie drückte dir eins der beiden Bücher in die Hand, und du last: Farm der Tiere.
»Das gefällt dir bestimmt. Es ist eine humorvolle Parabel auf totalitäre Systeme.« Sie schwieg, bis du aufhörtest, in dem abgegriffenen Band mit den zerfledderten Seiten zu blättern, der, wie du ahntest, wohl schon oft in aller Heimlichkeit gelesen worden war.
Als sie sah, dass du fertig warst, reichte sie dir das andere Buch. »Aber das hier, 1984, wird dir bestimmt den Boden unter den Füßen wegziehen. Ich war tagelang deprimiert.«
Du schautest auf. Deprimiert konntest du sie dir beim besten Willen nicht vorstellen. Sie schien zu verstehen.
»Doch«, sagte sie. »Sogar jemand wie ich kann deprimiert sein. Wenn man von Büchern all die unsichtbaren Knebel und Fesseln vor Augen geführt bekommt, mit denen man zeit seines Lebens gelebt hat, ohne sich dessen bewusst zu sein, ist eine Depression eine mögliche, ja sogar mehr als logische Folge, meinst du nicht? Niemand stellt gern fest, dass er im Dreck lebt und sich obendrein noch darin gesuhlt hat, weil er glaubte, in einem See aus Parfüm zu baden.«
Bei Farm der Tiere musstest du tatsächlich laut lachen, wie Marion vorhergesagt hatte, weil dir die Tricks, zu denen die 208 Tiere griffen, um die Macht zu ergreifen, die absolute Macht, ironischerweise so bekannt vorkamen. Der bekannteste Satz dieses Buches, »Alle Tiere sind gleich, aber einige Tiere sind gleicher als andere«, hallte in deinen Ohren wider, wie sicher bei jedem Kubaner. Von 1984 fühltest du dich jedoch bedrängt. Was würde geschehen, wenn dieser Große Bruder, der die Welt hinter dem Fenster beobachtete, in Kuba oder dort, in Berlin, sich in die Wohnung dieser lebenden und toten aufsässigen Bewohner schleichen würde? Und Isaac Babels Reiterarmee, Michail Bulgakows Der Meister und Margarita oder der Archipel Gulag des Russen Alexander Solschenizyn brachten nach und nach Steine zum Einsturz, von denen du gedacht hattest, sie säßen fest in jener Mauer, mit der du in Kuba aufgewachsen bist, die du dort als etwas Alltägliches angesehen hast, ja sogar als etwas Natürliches, Biologisches, da sie mit dir durch Tentakel kommunizierte, die anmutigen Ranken ähnelten und dich doch hinterhältig fesselten. Wie hättest du auch ahnen können, dass nicht nur die Risse, die die Lektüre dieser Bücher in deinem immer schwächer werdenden Glauben an die von Marion spöttisch so genannte »kosmetische Reinheit des Sozialismus« hervorrief, sondern auch die Beziehung zu dieser verrückten, bewundernswerten jungen Frau selbst dein bis dato ruhiges Leben als Übersetzer aufs Heftigste erschüttern würde?
»Dass du es einer Deutschen von hinten machst, ist nicht das Problem. Ehrlich gesagt, zeugt das von Männlichkeit. Es heißt ja, dass Kubaner Granaten im Bett sind, du weißt schon, es ist eine Sache des Nationalstolzes«, sagte Murillo die Ratte mit einem schmierig-spöttischen Grinsen. »Allerdings verstößt du damit gegen ein Gesetz, das in diesem Dienst heilig ist: keine persönlichen Beziehungen zu Ausländern, und schon gar nicht zu Beamten einer fremden Regierung.«
»Trifft das denn zu?« Dir war diese Regel immer schon absurd vorgekommen. »Immerhin handelt es sich um eine hohe Beamtin aus einem befreundeten Land... Um eine vertrauenswürdige Person...«
»Das Wort >vertrauenswürdig< gibt es in diesem Job nicht, Javier«, unterbrach er dich oberlehrerhaft. »Ich weiß, dass du dich mir und meinen Worten seit deiner Ankunft auf unverschämte Weise widersetzt hast, deshalb rate ich dir: Frag meinen Namensvetter und deinen Freund Fenelo, was er von deiner Disziplinlosigkeit hält.«
»Du bist geliefert, Javier. Murillo hat recht«, erklärte der dicke Fenelo am gleichen Nachmittag und blickte hungrig auf die Bockwurst mit Mayonnaise, Senf und Pommes frites, die ihnen wie immer eine junge, perfekt Spanisch sprechende Kellnerin in der Kantine des Außenministeriums servierte. »Gesetz ist Gesetz, und in so einer Sache darf sich keiner von uns über die Regeln hinwegsetzen. In den ersten Jahren wurde auf diese Art eine ganze Reihe von Spionen bei uns eingeschleust. Es wurde ausgenutzt, dass wir Kubaner jedem Rock nachrennen und Kubanerinnen im Ruf stehen, heißer zu sein als der dickste Höllenkessel, in dem Satan höchstpersönlich rührt. Deshalb hat dieses Verbot niemanden überrascht... eine reine Präventivmaßnahme.«
»Aber ihr überprüft doch die Leute, mit denen wir zu tun haben. Gilt das hier nicht?«
Er schüttelte brüsk den Kopf. Bevor er weitersprechen konnte, musste er erst den letzten großen Bissen seiner Wurst schlucken.
»Fidel hat das Gesetz, dass man niemandem trauen darf, höchstpersönlich im Olymp erlassen.« Er wischte sich den Mundwinkel mit der Serviette ab, die er anschließend senfbekleckert auf den Tisch warf, und sah dich mit einem zufriedenen Ausdruck an: Nicht eine Pommes frites lag mehr auf seinem Teller. »Wusstest du, dass es sogar eine Abteilung gibt, die die Leute im Auge behält, von denen wir alle glauben, sie besäßen Fidels vollstes Vertrauen?«
Es war ein offenes Geheimnis, einer von Fidels Tricks, um durchblicken zu lassen, dass der Überwachung durch den Großen Bruder, der dich nach der Lektüre von Orwells Roman so erschüttert hatte, niemand entgehen könnte. Wie Fenelo dir bestätigte, gab es sogar hochrangige Agenten, die die führenden Köpfe der Geheimdienst- und Gegenspionagebehör- 210 den überwachen sollten und selbst von Männern bespitzelt wurden, die allein Fidel Castro unterstellt waren. Böse Zungen behaupteten, dass diese »getreuen Fidelianer« wiederum von einer anderen Gruppe überwacht wurden, für deren Existenz es zwar keine Beweise gab, die aber alle fürchteten. »Der Große Bruder in Reinkultur«, dachtest du.
»Willst du einen Rat von mir?« Der dicke Fenelo schaute sich um, als wollte er sich vergewissern, dass niemand in der Nähe war. »Als Offizier bin ich für dich und die übrigen Witzfiguren in der Botschaft verantwortlich. Hör auf mich und mach dir nicht das Leben schwer. Du solltest diese Beziehung lieber beenden.«
Er machte eine Pause, nahm eine weitere Serviette, wischte sich abermals über den Mund und rieb dann energisch Finger für Finger ab, als wollte er sogar den Geruch von Fett und Senf abstreifen.
»Doch als Freund rätst du mir zu etwas anderem.«
Er nickte.
»Stimmt!« Seine Miene verdüsterte sich. »Es scheint dir mit Marion ernst zu sein. Daher sage ich dir als Freund: Tu so, als wäre es vorbei, und trefft euch nur dort, wo euch nicht einmal euer eigener Schatten findet. Ich für meinen Teil bin gern einer der Schatten, die von nichts wissen. Sag mir deshalb lieber nicht, was du tust. Und damit eins klar ist: Solltest du erwischt werden, muss ich dich in die Mangel nehmen, ist das klar?«
So kam es, dass du dich fortan mit Marion an den absonderlichsten Orten in Berlin verabredetest, alle weit weg und kaum belebt: in den Wäldern bei Werneuchen, am Ufer des Großen Müggelsees; auf einem schönen, stillen Friedhof in Buckow, den Marion schon als Kind mochte, weil dort eine Lehrerin begraben worden war, die sie in ihren ersten Schuljahren verehrt hatte, und weil er einen sanften, nahezu paradiesischen Blick auf den Schermützelsee bot, und sogar in den Wäldern im Hinterland überfüllter kleiner Strände auf Rügen, einem Ort, den sie in der Überzeugung gewählt hatte, dass niemand, der sie je von der schrecklich kalten Ostsee hatte sprechen hören - und das seien viele auf die Idee kommen würde, dass sie, und sei es nur kurz, dorthin fahren würde. Und zu den Vorsichtsmaßnahmen, bei denen du mit dem Rad quer durch die Stadt bis in jene Gegend fuhrst, in der ihr euch, immer in einer anderen Telefonzelle, verabredet hattet, gesellten sich all die Rundfahrten, Ausflüge und »Übernachtungen«, wie du sie zu nennen begannst, die du Woche für Woche variiertest, damit dein wahres Ziel, das du freitags oder samstags ansteuertest, nicht entdeckt wurde: das warme, weiche, stets nach Veilchenwasser duftende Bett in Marions Schlafzimmer in ihrer Wohnung in der Schönhauser Allee.
SERMON VOM SPUKENDEN HAUS
Übersetzung von Lea Hübner (Zitatwiedergaben beziehen Übersetzungen von Vilém Flusser, Eva Moldenhauer und Robert Wallisch ein). Das Gedicht TERRA NO CORPO übersetzte Odile Kennel.
Wie beginnen? Wie einen Text beginnen lassen, eine Geschichte? Bestimmt nicht der Anfang Mittel und Ziele? Wie beginnt man einen Text über ein privates Leben, wie den über ein kollektives? Eine „Originstory”, ein repräsentativer Text zu einer Person, die als Repräsentant einer bestimmten Nation auf einem bestimmten Kontinent zu sprechen hat? Ich bin das auf dieser Bühne, das ist mein Körper auf dieser Bühne, und ihr betrachtet mich als Repräsentant einer Republik, der Föderativen Republik Brasilien, mit einer Amtssprache, der portugiesischen Sprache, auf einem Kontinent, Amerika, und ich werde als Bestandteil und Abkömmling einer Region gesehen, die ihr Lateinamerika nennt.
*
— BERICHT DER GESPENSTER —
Gespenster sind in meinem Körper. Bäume,
tot, zu Möbeln gemacht,
zu Kanus, Brücken und Hütten.
Bäume, die als Rauch zum Himmel stiegen,
wärmen dort die Leichen meiner Ururgroßeltern.
Es sind Baobabs gewesen, Linden, Trompetenbäume
Eichen, Jacarandas und Ipês.
Brennbare Stämme spuken in
meinen Magen, noch so ein Ofenrohr.
Darin die toten Ochsen. Kühe und Kälber
muhen ihre Klagen in meine Ohren,
auch die Vorfahren von Schweinen und Schafen.
Hühner alter Zeiten, Agutis
und Capybaras auf der Flucht vor meinen Urgroßeltern.
Da brüllen Affen und tolle Hirsche ihr Warngeschrei.
Die Jaguare sind auf dem Vormarsch und die Menschen.
Wohin sie auch kommen, allen machen sie Angst.
Meine eigenen Toten haben ihre Stimmen,
die manchmal untergehen im großen Geschrei
diesseits-jenseits: dahier und hierda.
Sie sprechen Sprachen, die ich nicht verstehe, stottern
ihr rot gefärbtes, eingeschwärztes Portugiesisch.
Sprechen von Marimbondos, die im Regen surren.
Von Tamanduás, die Wasser an der Quelle suchen.
Sechsmal-Ur- und Neunmal-Urgroßeltern durcheinander
schreien in den Ecken der Welt.
Ich kann sie nicht alle belangen,
kann die Urkunden nicht mit allen
ihren Unterschriften versehen.
Das Erbe ist auf- und ausgeteilt.
Im Topf mit den Bohnen kocht das Wasser über.
Wertes Gericht, ich bitte um Anerkennung meiner Unterschrift.
Beglaubigen Sie mir diese Totenscheine.
Die Gespenster der Olivenbäume und Weinstöcke
warten nach Schiffsunglücken der Römer
in Krügen am Meeresgrund darauf,
dass ihr Öl und ihr Wein zu uns gelange
auf dass ihre Oliven und Trauben
ihre Bestimmung erfüllen.
Das Öl soll meine mein Haupt weihen.
Der Wein jedem meiner Toten ein Lächeln bescheren.
Die Geister von Männern und Frauen
warten nach Schiffsunglücken der Portugiesen
in den Tiefen eines Ozeans darauf,
dass ihr Blut und ihr Speichel zu uns gelange
auf dass ihre Notrufe ihre Bestimmung erfüllen.
In meinem Körper ruft die Mutter eine sehr ferne
andere Mutter, der ist nicht zu helfen, mein Kind.
Ein Teil der Familie düngt die Jabuticababäume.
Ein Steinchen verletzt mir die Füße
im Schuh, gemahnt seiner Herkunft
als amputierter Berg.
Der Wind weht, weil der Ort Luft braucht.
Die Welt ruht sich aus in der besänftigten
Gewalt.
*
In den letzten Jahren, mit den wiederkehrenden politischen Katastrophen, die Brasilien, die Lateinamerika heimsuchen, stellen sich mir, meinen Freunden, Kollegen, anderen Schriftstellern immer wieder dieselben Fragen: Wie und wann fing das an? An welchem Punkt begannen wir das Loch auszuheben, in das wir alle 20-30 Jahre hineinfallen? Putsche, die als Revolution ausgegeben werden, Revolutionen als Putsch. Hier ein Aufstand, da eine Revolte. Etwas ändern, damit sich nichts ändert. Nichts ist in Lateinamerika effizienter als die Verfechter des Status Quo.
Ihr bittet mich jetzt, für einen Kontinent zu sprechen, für ein Land, für diese Kolonien, diese Imperien, diese Republiken und derlei verschiedenste Millionen sonstige mehr, in dieser Sprache, dieser Sprache, die ich spreche, und dass in dieser Sprache, die Gespenster tausender toter Sprachen ‒ tot durch Sterben und tot durch Tötung ‒ zum Ausdruck komme mögen, die Schatten in meinem Mund, die toten Kinder in meiner Mundhöhle, dieser flachen Grube, Massengrab einer gemeinsamen Sprache.
Ich fange an. Was ist schon der Anfang einer Performance in einer Sprache mit circa 800 Jahren Geschichte, die sich heute in mehrere Kontinente verzweigt? Im ersten Text seiner „Galaxien” bringt Haroldo de Campos diesen Anfang, er schreibt:
„und hier fange ich an und hier fange ich diesen Anfang und fange gemessen wieder an und fange mich und werfe entfangend und vermesse mich, wenn man nach Art des Reisens lebt ist nicht die Reise wichtig, sondern der Anfang, der deshalb fange deshalb fang ich […] zu schreiben […] an.”
Doch es ist ein anderer Text, den wir als Brasiliens Gründungstext verstehen: der Brief, der berühmte, dem Pero Vaz de Caminha an König Dom Manuel schrieb, als die drei portugiesischen Karavellen an der Küste des heutigen brasilianischen Bundesstaates Bahia landeten:
„Und der Capitão-mor schickte Nicolau Coelho mit einer Barkasse, jenen Fluss zu erkunden. Und kaum hatte er sich auf den Weg gemacht, liefen schon die Menschen am Strand zusammen, bald zu zweit, bald zu dritt, so dass dort, als die Barkasse die Mündung des Flusses erreichte, bereits achtzehn oder zwanzig dunkelhäutige Menschen standen, allesamt nackt ohne irgendetwas, das ihre Scham bedeckt hätte. Sie trugen Bogen in den Händen und Pfeile. Sie drängten auf das Boot und Nicolau Coelho bedeutete ihnen, sie sollten Pfeil und Bogen ablegen. Und so taten sie.
Dort war es zu laut, als dass sie reden und sich verständigen hätten können, denn das Meer brach sich am Ufer. Er schenkte ihnen nur eine rote Mütze und die Leinenkapuze, die er auf dem Kopf trug, und einen schwarzen Sonnenschirm. Einer von ihnen schenkte ihm einen Schirm aus Vogelfedern, roten und braunen Papageienfedern, gebunden zu einem Krönchen, und ein anderer einen großen Bund kleiner weißer Behälter, dem Aussehen nach Köcher, die der Kapitän, wie ich glaube, Eurer Hoheit schickt, und damit kehrte er zu den Schiffen zurück, denn es war schon spät, und wegen der See konnte man nicht mehr mit ihnen reden.”
*
PHANTASMAGORIE DER MUTTERSPRACHEN
Mein Vater zählte die Vorräte:
eine Bohne, zwei Bohnen, drei Bohnen,
und das Gespenst meiner Mutter
legte sie auf den Küchentisch,
las Steinchen und Plurale aus:
ein Bohn, zwei Bohn, drei Bohn.
Mein Vater predigte, schmerzende Stacheln
hatten die Wespen und Bienen,
zu ihrer Verteidigung am Ende des Unterleibs
und das Gespenst meiner Mutter,
bläute er uns Kindern ein: Nehmt euch in Acht,
die Hornissen, die Hummeln.
Der Vater warnte, weise, vor Regen,
der im Inland herantrieb
wie ein um brennendes Röhricht,
und das Gespenst meiner Mutter
stimmte zu: gleich würde die Regenflut
herabrollen den Bach, überfluten.
Der Vater und sein geflochtener Ledergürtel
besaßen die Schnelligkeit seiner Faust,
schälten, häuteten unseren Hintern,
und das Gespenst meiner Mutter
traf mit ihrem Schlappen nie daneben,
zielsicherer Wurf auf unsere Popos.
Ich bin nicht geizig, sagte mein Vater,
Panik, dass die Mittel des Klans
bald verbraucht sind, und das Gespenst meiner Mutter,
also die, die sich auskannte mit Mangel an Nahrung,
Gesundheit, dem Aussterben des Stammes,
brüllte: ein Knauser bist du! Ein Knauser!
Setzt euren Fuß nicht ins Dickicht,
sagte der Vater: große Raubkatzen
und Schlangen lauern dort, Riesenmaul
Bauch-weg. Das Gespenst meiner Mutter
reckte den Bauch vor, lockte: Komm, Jaguar;
komm, Anakonda; dir werd ich helfen, oder du mir.
*
Es ist seltsam, sich vorzustellen, dass der Schreiber meint, das Rauschen des Meeres habe die Verständigung zwischen diesen Menschen verhindert – die einen Angehörige des Volkes, bekannt unter dem Namen „Portugiesen“, die anderen Angehörige des Volkes, bekannt unter dem Namen „Tupinambá“. Wesentlich größeres Unverständnis würde in den folgenden Jahren, Dekaden, Jahrhunderten herrschen. Das Rauschen des Meeres, das Rauschen des Atlantiks, das jahrhundertelang zwischen den Völkern Europas und den Völkern Amerikas völlig leise gewesen war.
In ‘Traurige Tropen’ schrieb Claude Lévi-Strauss: „Heute müssen wir vielleicht noch einen zweiten Irrtum korrigieren, nämlich zu meinen, dass Amerika 20.000 Jahre lang von der gesamten Welt ‒ da von Westeuropa ‒ abgeschnitten war. Alles deutet vielmehr darauf hin, dass der großen Stille über dem Atlantik ein emsiges Treiben auf dem Pazifik entsprach.”
*
BRIEF AN DIE MATRIARCHIN
Die Anrede
halb trocken halb nass
Grußworte
aus Lehm und Rippe.
Ich schreibe aus der Mitte des Nabels
der Narbe auf Lebenszeit
von meiner befleckten Empfängnis.
Liebste Ursäugerin
Hochgeschätzte Leit-Gebärmutter
Es ist kein Zufall
dass dein Name
in den verschiedenen Sprachen
von den einfachsten Silben herrührt
denen, die direkt nutzbar sind
von Babies, Kindern
unseren Miniaturausgaben
aus Sabber und strampelnden Beinchen.
{Ma} ist bloß Gestammel
Laut-Alphabet für Anfänger
artikuliert
durch einmaliges Öffnen und Schließen
der Lippen
wie beim Umschließen
der Brustwarzen
um die Proteine zu saugen,
das der Fabrikbetrieb
deiner Mutterbrust hergibt.
Meine kleine Calendulasalbe,
meine Mini-Membrom-Tintinktur
Schlaue Eierlegerin,
die aus ihrem eigenen Bauch
eine Fleisch und Kalzium-Hülle
macht, aus sich selbst
die erste
Organspenderin
Zum Formen der Laute aus
M + A,
stoppen die geschlossenen Lippen
eine kurze Sekunde
die Luft
meiner Lungen,
so kann ich, Generation der Nachkiemenzeit,
die Mutter rufen,
Angehörige der Generation der Vorkiemenzeit.
Meine kleine Dinosaurin,
meine Mini-Frühgeschichte.
Sei gegrüßt, meine erste
Sprachlehrerin
Ich piepse verzweifelt
im Nest aus Zweigen
dürrem, brennbarem Zeug.
Du, Mutter, tust, als seist du mein Totem,
um zur ersten Gesetzgeberin
für Tabus zu werden.
Jahrelang habe ich deine Herstellungsweise
für Geschlechter befolgt,
ihre jeweiligen Gewohnheiten
und Anleitungen, doch bleibe ich
Rohling aus Ton,
Mörtel und Werg.
Ich, Schaufensterpuppe in einem insolventen Laden.
Du, Mutter, wenn du auf einem Stuhl saßt,
glichst diesen kleinen
prähistorischen
Figuren,
die wir so anachronistisch als
Venus bezeichnen,
sie selbst
ähneln Eiern,
die weiblichen runden Figuren
mit bedeutenden Brüsten,
fruchtbar feminin.
Mein kleines Knochenmark-Gelee,
mein Mini-Pack Dichtungsfasern.
Du, Mutter, bewirkst den Unterschied
zwischen Morgenammer und Sperling.
Du, Mutter, bewirkst den Unterschied
zwischen Regenguss und Schauer.
Du, Mutter,
brachtest uns bei
die entscheidenden Gramm zu mehren
bis wir den Weizen hatten,
den Reis und den Mais.
Du, Mutter,
führtest den Vorsitz
über die Mutation der Wölfinnen
zu Hündinnen
und wirst sie wieder zum Wölfischen wandeln.
Du, Mutter,
überlebtest
die gesamten fünf großen
Ausrottungen
und überstehst auch langsam diese.
Am übervollen Bach hörte ich
das Wasser tosen.
Heute weiß ich um die Gefahr
und sogar Cuca
hat sich immer schön fern gehalten.
Hier bin ich, in deinem Mund,
klatschnass von Krokodilspucke.
Meine kleine Archäologin,
meine Mini-Tutanchamun.
Die mich mit ihren Salben salbte,
die mich mit ihren Hausmitteln einschmierte.
Die mich, Mumie, in ihre Leinenbänder einwickelte.
Dich mich, Fliege, in ihr Netz wickelte.
*
Aber geht so der Anfang, wie er in den Schulen Hispanoamerikas und Brasiliens auch heute noch gelehrt wird? Diese Länder beginnen mit der Ankunft, der Invasion der Europäer? Als ich zur Schule ging, wurde mir nicht einziges Mal etwas von den Steinen erzählt, die die indigenen Völker in Calcoene bei ihren astronomischen Forschungen als Messinstrumente benutzten. Von der Zivilisation der Marajoara. Von den Geoglyphen im Amazonas. Von den archäologischen Stätten von Pedra Furada. Von dem wunderschön geritzten Felsen Pedra do Ingá.
*
Ich mache hier weiter mit den Ausführungen über die Muttersprache. In ihr sind die Schatten von anderen Muttersprachen verborgen, Sprachen der indigenen Mütter und der afrikanischen Mütter, die uns ihr rot gefärbtes, ihr eingeschwärztes Portugiesisch beibrachten.
Wenn ein Brasilianer auf Regen TORÓ sagt, und nicht CHUVA, dann ist da ein Schatten, ein Gespenst toter Mütter.
Wenn ein Brasilianer auf Wespe MARIMBONDO sagt, und nicht VESPA, dann ist da ein Schatten, ein Gespenst toter Mütter.
Wenn ein Brasilianer auf Ameise SAÚVA sagt, und nicht FORMIGA, dann ist da ein Schatten, ein Gespenst toter Mütter.
Wenn ein Brasilianer für berühren CUTUCAR sagt, und nicht TOCAR, dann ist da ein Schatten, ein Gespenst toter Mütter.
Wenn ein Brasilianer Gesträuch CAPIM nennt, und nicht MATO, dann ist da ein Schatten, ein Gespenst toter Mütter.
Wenn ein Brasilianer auf Popo BUNDA sagt, und nicht TRASEIRO, dann ist da ein Schatten, ein Gespenst toter Mütter.
Denn es sind die Mütter, die uns die Sprache beibringen. Deswegen sagen wir MUTTERSPRACHE und nicht VATERSPRACHE. Doch die Geschichte der Sprache ist eine Geschichte der Verbote. 1755 erließ die portugiesische Regierung durch Marquês de Pombal ein Gesetz namens „Diretório dos Índios”
Diretório dos Índios. 1755.
Klausel 3 — „3. Es ist nicht zu leugnen, dass die Indianer in diesem Staat bis heute einem Barbarentum verhaftet geblieben sind, als lebten sie im unkultivierten Hinterland, wo sie geboren wurden, und praktizierten die schrecklichen und abscheulichen Bräuche des Heidentums, so dass sie nicht nur der wahren Kenntnis der wunderbaren Mysterien unserer heiligen Religion entbehren, sondern auch der Annehmlichkeiten unserer Zeit, die allein durch Zivilisation, Kultur und Handel zu haben sind: Und da offenkundig ist, dass die väterliche Vorsehung unseres erhabenen Herrschers einzig und allein darauf bedacht ist, diese bislang so unglücklichen und elenden Völker zu christianisieren und zu zivilisieren, damit sie ihre Unwissenheit und ihr Hinterwäldlertum ablegen und sich selbst, den Siedlern und dem Staat nützlich sein können, werden diese beiden edlen uns tugendhaften Ziele, die dem heroischen Tun im unvergleichlichen Eifer unserer katholischen Kirchenväter und treuesten Monarchen stets zugrunde lagen, das wichtigste Anliegen bei allem Sorgen und Streben der Diretores sein.”
Klausel 6 — „6. Es war von jeher eine allerorts durchgesetzte Maxime sämtlicher Nationen, die neue Herrschaftsgebiete erobern, ihre eigene Sprache sogleich in die eroberten Völker einzuführen, denn ohne Zweifel ist dies eines der wirksamsten Mittel, um den Völkern des Hinterlands ihre alten, barbarischen Sitten auszutreiben; und die Erfahrung zeigt, dass mit dem Gebrauch der Sprache des Herrschers, der sie erobert, auch ihre Zuneigung, Verehrung und ihr Gehorsam demselben Herrscher gegenüber wachsen. Alle edlen Nationen der Welt halten sich an dieses kluge und verlässliche Prinzip, anders jedoch bei dieser Eroberung, bei der die ersten Eroberer nur dafür sorgten, den Gebrauch einer Sprache zu etablieren, die sie allgemein nannten; eine wahrhaft abscheuliche und teuflische Erfindung, so dass die Indianer aller Mittel, die sie zivilisieren könnten, beraubt, und in der hinterwäldlerischen und barbarischen Knebelung gehalten wurden, in der sie bis jetzt verharren. Um dieses verfehlte Tun zu hintertreiben, wird es eines der Hauptanliegen der Direktoren sein, den Gebrauch der portugiesischen Sprache in ihren jeweiligen Siedlungen einzuführen, indem sie den Jungen und Mädchen, die zur Schule gehen Schulen, und all jenen Indianern, die in dieser Sache unterweisungsfähig sind, in keiner Weise erlauben, die eigene Sprache oder die sogenannte allgemeine Sprache zu benutzen, sondern allein die portugiesische Sprache, so wie es Seine Majestät in wiederholten Anordnungen empfohlen hat, die bis jetzt nicht befolgt worden sind, sehr zum Nachteil und vor allem zum geistigen Ruin unseres Staates.”
So ist es, und so kommt es, dass ich heute hier auf dieser Bühne nicht in meiner Muttersprache spreche. Sondern in meiner Vatersprache, Portugiesisch, das rot gefärbte, eingeschwärzte Portugiesisch der Brasilianer, wo in jedem Satz irgendwo ein indigenes, ein afrikanisches Wort steckt, Gespenster der toten, vergewaltigten, versklavten Großmütter, Urgroßmütter, Ururgroßmütter und Urururgroßmütter. Meine Sprache ist eine gewaltsame Sprache.
*
KÖRPERERDE
Eine Geschichte der Erde
im Körper.
Vom Vater der weiße
Anteil des Fleischs,
die von Notaren in Ämtern
beglaubigte Abstammung,
der Nachname, der vom Großvater
die katalanische
Aussprache beibehielt, auch wenn
die Schreibweise ein wenig
durcheinander geriet,
und von der Großmutter die Namen
versunkener Städte, wie ein gewisses
Campobasso, das genauso gut
Atlantis sein könnte.
Vom Vater, vor allem
die Möglichkeit, eingeladen zu werden
in die Speisesäle der Herrenhäuser.
Von der Mutter, die etwas dunklere
Haut der caboclas
im Landesinnern,
der proletarische
Allerwelts-Nachname
und die verdrängte
Vergangenheit voller Hütten
vergewaltigter indigener
und afrikanischer Frauen,
von der Geschichte verschwiegen
und ausgelöscht,
aber nicht vom Fleisch.
Das Fleisch erinnert sich
und erinnert.
Wie die irrationale
Panik der Mutter bei jeder Grippe,
die ganze Familie könnte sterben.
Die geraden Linien der Väter,
erinnert,
und die schiefen Linien der Mütter,
vergessen.
Aber in der Sprache
überdauert
vielleicht die Erinnerung
an ein uraltes Unglück,
wenn der Himmel
sich verdunkelt
und aus dem Bedienstenenhaus
der Ruf erklingt:
Beeil dich, schnell, häng
die Wäsche von der Leine,
gleich kommt ein toró!
Und immer und immer noch
kommt ein toró.
Und das Fleisch der Kinder,
ohne recht zu verstehen
warum, will
und fürchtet
den letzten toró
soll er kommen
und Wäsche und Leine mitreißen,
Haus und Hof.
Mutter? Was ist eine Mutter? Was ist ein Matriarchat und ein Patriarchat?
NOTA VISUAL: [cena do filme “Pixote”, de Héctor Babenco]
*
Außerdem
Saguipiranga
wird goldener Löwentamarin
um auszusterben;
Suaçuapara
wird Sumpfhirsch
um auszusterben;
Jaguapitanga
wird brasilianischer Kampfuchs
um auszusterben;
Jaracambé
wird Waldhund
um auszusterben;
Jaguatirica
wird Ozelot
um auszusterben;
*
Ich weiß, welche Sprache meine Mutter benutzte
um mit ihrer Mutter zu sprechen und welche diese wiederum
mit der ihren, diesen Müttern von Müttern von Müttern,
aber je weiter ich mich entferne, Richtung
Vergangenheit, auf diesem Ouija-Brett, Zeichen
in alten Briefen findend, Urkunden,
fleckig von Geburten, Todesfällen,
umso schwieriger wird die Kommunikation
mit meinen Toten in diesem seltsamen
Morsecode, in fremden Sprachen, toten.
Meine Vorfahren und ich schauen uns an
von den gegenüberliegenden Ufern des alten Flusses
und wir gestikulieren, gestikulieren und machen
Bewegungen und Formen mit den Händen,
die einen mager, die anderen fleischig
sogar die Knochen. Die Interpretation
dieser Gesten hängt vom Wetter ab
das in unseren jeweiligen Infernos herrscht.
Manchmal meine ich zu verstehen: „komm zu uns”,
manchmal, „bleib, wo du bist”. Ein Hilferuf
käme einer Tadelung gleich,
was ich manchmal als Anreiz auffasse.
Wir reden nur zur Mittagsstunde,
denn so wie die Dinge sind, oder waren,
oder sein werden, gehören meine Toten selbst in der Hölle
eher zu den armen Schluckern.
*
MUTTERSPRACHE
„Andere Sprachen wecken in mir einen heiligen Groll”
[Enrique Lihn]
für Will Santt
ein schattiges Haus ist die Sprache
der Mutter der Mutter meiner Mutter
unter Subipirunabäumen aus denen Linden
sprießen im faulenden toten Stamm
des Baobab dort schmiegt das Skelett
eines Wanderfalken seine Rückenwirbel an
und zerreißt mit dem Schnabel das Herzmuskelgewebe
eines weiblichen Kükens des Bem-te-vi
in dessen Bauch noch einen Rest
erbrochene Guave Schlund um Schlund
ein Haus voller Schatten ist die Sprache
der Mutter der Mutter meiner Mutter
Talgemeinde von Salzkörpern
im Knebel einer Transreise
-atlantisch ob an Oberflächen oder
abgründig durch Meerestiefen
bis weißliche Kalziummuscheln sich
anbieten via Gaumenfreude a la Brasil
im Sand im Geschaukel der Gezeiten
morsches Gebälk von Schiffen
Rasseln im Röhricht ist die Sprache
der Mutter der Mutter meiner Mutter
im süßlichen Gift der ersten
Anzeichen für verderbendes Fleisch
wie in den Bananenmündern
meiner Schwestern Tanten und Cousinen
kaum sichtbar der rotblutige Fleck
bei Schwester Tante Cousine fließend
die Beine entlang das makelhafte Zwitschern
von Rotköpfchen und Rubintyrann
ein geschwollener Lymphknoten ist die Sprache
der Mutter der Mutter meiner Mutter
per Kreuzstich-Quadraten sich verbindend mit sich
säuselnde Seite dieser lieb-enden Eier-legenden
das Beuteltier perlenreicher Schöße
die junge Eierlegerinnen katholisch unterweisen
im Jacarandá-laubhölzernen
uralt-Oma-Küchenschrank
wo die Suppenteller so tief
sind wie Tapirschädel
ein aufgerissener Mund ist die Sprache
der Mutter der Mutter meiner Mutter
unter Samambaiagewächsen das Stanniol
der Peitschenhieb auf die Flanke der fruchtbaren Mauleselin
sie ist der Schrei in der Küche den alle
beim gemeinsamen Mittagessen hörten
das heilige Konzil der väterlichen Gebote
nach Zigarren Bieren Kartenspiel
die Kleinen vom Fasten verschonen
als Ruth durch Noemi die Kunde von Jahwe verbreiten
ein ungehemmtes Blutbad ist die Sprache
der Mutter der Mutter meiner Mutter
die im Imperativ schreit und nicht
im Vokativ der Analphabetinnen selbst
Mütter die Leinen und Baumwolle bringen
zum Reinigen Scheuern Kochen
in unzeitgemäßer Furcht vor Mikroben
gebückt durchs gewienerte Haus
auf allen Vieren wie die Tiere
die Blut von den Pfoten leckende Katze
Von Gärten und Bädern
Der mexikanische Schriftsteller Fábio Morabito und der argentinische Schriftsteller Juan Vitulli beleuchten zwei kuriose Institutionen der deutschen Haupstadt: die öffentlichen Schwimmbäder und die Schrebergärten. Mit leiser Ironie kommentieren sie ihre einschlägigen Erfahrungen aus ihren "Feldstudien".
Das Video wurde auf dem Panel „Neue Dandys und Flaneure. Zwischen Berliner Kindheit und Berghain mit Patricia Cerda, Luciana Ferrando und Ariel Magnus“ am 11. Oktober 2024 im Rahmen des Festivals Barrio | Bairro Berlin zum ersten Mal gezeigt.
© 2024 Fábio Morabito und Juan Vituli
Aufnahme: Fábio Morabito und Juan Vituli
Postproduktion: Guadalupe Gaona
Deutsche Untertitel: Luisa Donnerberg
“La escritura también es un acto performativo; escribir poesía es combinar cosas”: charlas de Barrio con Cristian Forte

Cristian Forte es un poeta argentino afincado en Berlín. Formó parte del grupo de arte Etcétera en Buenos Aires y el movimiento Internacional Errorista. De 2010 a 2018 fue coordinador de la no-editorial Milena Berlín.
En 2014 ganó el primer premio junto a Erica Zíngano en el Festival SoundOut - New Ways of Presenting Literature - por el proyecto KM.0, que consistió en varias intervenciones poéticas en el espacio urbano. En 2016, recibió la beca The Harbor/Beta-Local , prácticas artísticas y pensamiento estético en Puerto Rico.
Ha realizado performances, exposiciones y lecturas en: Berlin Biennale, Hausacher Leselenz Festival, Forum Stadtpark, Festival Internacional de Poesía de Quetzaltenango, Escuela de Arte de Zúrich, entre otros. Durante 2016-2017 dictó cursos de escritura creativa y no-creativa en la Universidad Libre de Berlín.
Actualmente es parte de la banda Rudolf y es cofundador del sello de música experimental y poesía sonora Carrots Tapes.
Publicó: Abr. (2010, Copyroboter), Alfabeto Dactilar (2014, L.U.P.I.), Goldene Regel (2017, Hochroth Verlag), Piktogramme (2018, Hybriden Verlag), SPLIT (2020, vinilo autoedición, Tom Bresemann / Cristian Forte).
La entrevista fue realizada por Martina Herman
La redacción estuvo a cargo de Daniel Sarmiento Osorio
En esta conversación con nuestro vecino el poeta y artista visual y sonoro argentino Cristian Forte discutimos en torno a sus inicios en el circuito artístico bonaerense, su llegada a Alemania, su labor como editor y algunos de sus proyectos pasados y presentes.
Con Cristian nos citamos en el café-bar Kollektiv K-Fetish, en el Bezirk berlinés de Neukölln. No más entrar nos percatamos de que el bar es como una antigua fortaleza con sus banderas bien izadas. Los pisos de madera antigua están desteñidos por el roce de incontables botas; el blanco desparejo de las paredes en yeso contrasta con los diseños y tipografías de grandes cuadernillos y pequeños fanzines. Junto a la puerta, bajo una bandera del movimiento trans, una pequeña biblioteca con títulos de Bell Hooks y otres autores relevantes para diversos movimientos reivindicatorios.
La clientela son en su mayoría estudiantes que llevan hoodies negras, keffiyeh o pantalones de sudadera; algunes con mullets, algunes con el corte a ras de la cabeza a los lados… No hay mucha iluminación, así que la poca que hay es intensa y los rostros en las mesas son planetas alrededor de una vela solar. Todo en el café remite al impostergable mundo que espera afuera y nos necesita: en la barra hay una colecta solidaria para donar fondos a la Cisjordania palestina, y la literatura a la venta invita a concientizarse sobre la violencia policial y otros problemas. Una mujer va entre las mesas con un vaso desechable pidiendo algunas monedas sin que les meseres la apuren o se la impidan. Luego de que ella haciera su ronda, comenzamos a conversar con Cristian.
¿Podrías contarnos un poco acerca de tus inicios en el arte performativo en tu Argentina de origen?
Desde el año 99 participé en un grupo de arte en Argentina que se llamó Etcétera. Fue un grupo que combinaba el teatro, la poesía, las artes visuales… Para recordar o refrescar un poco lo que significaba Etcétera, hay que hablar de todo lo que fue el proceso político-social en Argentina durante los años 90. Aunque cuando yo estaba trabajando en Etcétera el gobierno de Fernando de la Rúa ya había asumido, veníamos de heredar el modelo y la concepción política y social del menemismo, con todo lo que implicaba la introducción del neoliberalismo. O sea que estamos hablando de privatizaciones, flexibilización laboral, el uno a uno entre el peso argentino y el dólar... Simultáneamente a todo esto se daban otros fenómenos como la criminalización de la protesta social.
A Etcétera llegué por el colegio Nicolás Avellaneda, que quedaba en Palermo, Buenos Aires. Algunas personas del colectivo surgimos de ahí y ahí pude conocer algo verdaderamente importante para mí, que fue la teoría de la izquierda latinoamericana, incluidas la teología de la liberación y demás. El grupo Etcétera trabajaba desde el arte independiente y creíamos que nuestro discurso debía tener un peso no solo en ambientes culturales, sino también desde el ámbito de los derechos humanos porque nos sentíamos en total sintonía, por ejemplo, con la agrupación HIJOS. De hecho, algunas personas de Etcétera eran de HIJOS y ese grupo a veces también utilizaba nuestra sede para hacer sus reuniones, donde hablaban sobre lo que en ese momento era algo nuevo, que era el escrache. Nos interesaba a partir de la gráfica o el teatro llevar la denuncia a los militares que todavía estaban sueltos o que no habían tenido condena en ese momento y también solidarizarnos, como artistas, con otras luchas de carácter social y agrupaciones, entre ellas el movimiento de fábricas recuperadas, asambleas populares o movimientos sociales.
¿Y bajo la influencia de cuáles referentes empezaron a perfilar lo que iba siendo su praxis artística?
Como decía, nosotres estábamos haciendo arte en ese contexto social tan particular, pero al mismo tiempo entendíamos nuestra práctica desde una mirada que en ese momento era bastante importante en lo personal y para el grupo, que era la mirada de las vanguardias surrealistas. Nos gustaba tener una idea de tradición: une artiste siempre es heredere de alguna tradición, incluso sin darse mucha cuenta. Entonces, tomábamos elementos del surrealismo para poder hacer arte. Estábamos en un camino interdisciplinario, de autoformación, deseducándonos. Trabajábamos con poesía visual, tomando por ejemplo a la tradición chilena y al colectivo CADA. Raúl Zurita fue un referente justamente porque, a pesar de ser un poeta tan relevante, él demostraba su formación interdisciplinar al escribir sus poemas en el cielo con un avión o en los desiertos. Juan Luis Martínez también fue muy importante, Susana Thénon hablando ya del contexto argentino, etc…
Otro referente fue Juan Andralis. Él nació en Grecia, hizo arte en Argentina desde muy joven y luego fue a París, donde estuvo con la última generación del Grupo surrealista de París en los años cincuenta. Luego regresó a Argentina y participó en el Instituto Torcuato Di Tella como diseñador gráfico y creó una imprenta que se llamó El Archibrazo. Fue la casa donde estaba su editorial la que Etcétera ocupó para poder tener sus talleres tras la muerte de Juan en 1994. Nos encontramos con el tesoro de un artista surrealista: una colección de 2000 libros, entre los cuales había materiales de imprenta. También en ese lugar se había editado la primera edición de un libro que se llama Carta a los poderes, de Antonín Artaud, y también un cuento inédito de Borges, entre tantos otros. Yo no conocí personalmente a Andralis, pero siempre experimenté un contacto especial con él, algo difícil de explicar con palabras.
¿Y cómo fue tu llegada a Berlín? ¿Cuál fue el primer proyecto artístico que emprendiste en la ciudad?
Cuando llegué a Berlín pude definir mi idea de editorial siguiendo los pasos de Andralis y la fundé gracias a otro colega que se llama Matías Reck, quien ya desde 2006 había establecido en Buenos Aires la editorial Milena Caserola. Él dio el impulso definitivo para que puediera crear acá en Berlín una editorial independiente, Milena Berlin. En ese momento se estaba generando una feria de libros independientes en Argentina y que después se repitió y todavía continúa en Latinoamérica, la F.L.I.A., de modo que se estaba haciendo posible que las editoriales independientes pudieran tener más visibilidad y capacidad de autoorganizarse. Algo así sucedió acá también con la Portable Book Fair, que coordinamos con Jorge Goncalves del colectivo Altes Finanzamt.
Todo mi trasfondo viene de una visión muy independiente, autogestiva. Con el transcurso de los años pude identificar los contrastes que existen entre Argentina y Alemania en el medio cultural y de creación artística. Creo que acá a veces todo adquiere un formato que toma los parámetros de otra agenda cultural. Para participar de ciertos fondos hay que cumplir con determinada cantidad de requisitos, que no son solamente requisitos técnicos, sino que son a veces de contenido y hasta estéticos. No estoy juzgando la situación, sino que estoy estableciendo ciertas características de este medio alemán, donde se tiene que competir para hacer tal o cual proyecto.
La competencia está implícita en la lógica de financiación de ciertas cosas en Alemania, pero esto no se dio en el caso de Milena Berlín, la editorial que fundé gracias a Matías y asociada a la de él. Todas las ediciones estaban financiadas en parte por mí y en parte por les autores. De hecho, Milena Berlín fue una no-editorial concebida como una obra de arte en progreso. Fue también un patio de recreo y de experimentación sin grandes objetivos comerciales o incluso poca difusión. Milena Berlín se mantuvo activa desde el 2009 hasta el 2019 aproximadamente, aunque Mati todavía lleva la Milena Caserola de Argentina activamente. Por los años en que Mati fundó Milena, en Argentina estaba el proyecto editorial de Washington Cucurto, que se llamaba Eloisa Cartonera. Yo no estoy muy seguro de esa parte de la historia, pero creo que con el nombre de Milena Mati intentó generar algún tipo de broma, guiño de contexto, o al mismo tiempo una conexión de oficio más directa con Eloisa Cartonera.
Los libros cartoneros fueron todo un fenómeno que se daba en esos tiempos, un fenómeno de edición independiente y con una estética más bien definida. Aunque a mí me parece muy valioso el trabajo que hacen las editoriales cartoneras, que se pudo difundir en toda Latinoamérica, yo no quería seguir tanto esa línea. Pensaba que el libro es algo que puede retransmitir un estado o una emoción simplemente por ser un objeto en sí mismo y por eso necesita de un cuidado muy preciso en cada caso, así como de diferentes materialidades que lo expandan a la imaginación. Como decía Andralis: “Darle al libro la dignidad que tendría que tener, en tanto objeto”. Entonces para mí era importante conservar la perspectiva estética y realzar, al mismo tiempo, su aura y filiación con el contexto o universo fijo del libro. Aunque, en el caso de Milena Berlín lo hacíamos desde una apuesta muy independiente y hasta en algunos casos bastante punk, en el sentido de que estos podían llegar a ser libros hechos con muy poco dinero y a veces su manufactura incluía incluso el reciclado de botellas que encontrábamos en la calle. Tampoco me gusta la polaridad entre lo digital y lo físico, ni menospreciar ni un soporte ni el otro. Simplemente encuentro que el libro físico es un objeto que puede contener afectos, que puede contener una mancha y que puede contener aromas, etc. El libro artesanal siempre va a tener muchísimo futuro.
Retomando sobre tu no-editorial, ¿en qué dinámicas creativas se manifestaron estos principios estéticos que mencionas?
Volviendo a Milena Berlín, nuestras ediciones fueron artesanales y de tirada reducida. Lo de no-editorial yo lo interpreté como el hecho de que Milena Berlín no era una editorial, sino que, al ser una “editorial”, era algo que todavía tenía que definirse. Es decir, Milena Berlín fue un proyecto y un proceso artístico que no tuvo ni un principio ni un final predecible. Milena Berlín es una no-editorial que se propuso vivir una especie de proceso de producción de libros enfocándolo desde la importancia de la materialidad y de la forma de hacer y leer libros. O sea que mi no-editorial estaba centrada en el vínculo que se pudo haber generado con les autores que fueron participando. De hecho, para cada edición podía haber diferentes formatos y no había un método estricto de producción o visión definida, sino que más bien hubo una convivencia entre distorsiones. Pienso que esto está familiarizado con la poesía, que es lo que editábamos.
También hacíamos cosas que no eran necesariamente libros, por ejemplo se hizo una muestra colectiva llamada Orgión Berlín. Fue una colaboración entre Milena y un proyecto de Argentina llamado Oficina Proyectista, que era el espacio de exposiciones de una artista visual llamada Sonia Neuburger. Fue una colaboración con ella: me mandó por correo y por avión obras de artistas que participaban en la Oficina, y entonces Milena Berlín montó una exposición con ese material en el Kotti-Shop. Ahí se ve mejor lo que es este fenómeno de la no-editorial porque estábamos haciendo también lecturas de poesía, performances, exposiciones… Esa indefinición llevaba a que se produjeran muchos errores también, y el error es un concepto muy importante para mí. Digo esto porque el errorismo fue algo que también fue parte del proceso de composición de libros, objetos y de artefactos poéticos que se fueron creando.
¿Cuándo fundaste tu editorial exactamente y cómo fue ese proceso?
Habrá sido la Feria Libro de Frankfurt del año 2009 o 2010 en que Argentina fue el invitado de honor. Yo ya estaba acá, aunque desde hace muy poquito, y me contactó Matías Reck y me dijo que estaba interesado en participar, pero que finalmente no formó parte de las editoriales invitadas oficialmente. Entonces Matías me escribió un mail un día y me dijo: “Cristian, voy a ir igual y voy a llevar un montón de libros en mi valija”. En ese momento creo que las valijas podían cargarse hasta 30 kilos y creo que trajo muy poca ropa y vino a dormir a mi casa. Después de eso me dice: “quiero ir a Frankfurt, ¿querés venir?”, y yo le digo: “bueno, Mati, está bien. Podemos ir, pero ¿qué vamos a hacer?”.
No teníamos ni un stand y es una feria hipercomercial, o sea estábamos muy locos y aparte no teníamos invitación. Nos fuimos igual. Pedí plata prestada, sacamos unos tickets de tren, una amiga alemana habló con su hermana que vivía en Frankfurt y nos prestó un consultorio de acupuntura para quedarnos a dormir, en fin… Así que al otro día nos levantamos temprano y fuimos. Cuando entramos a la feria lo que sucedió es que encontramos stands vacíos, nos miramos y dijimos: “vamos a montar los libros ahí”. Fue la primera ocupación en la Feria de Frankfurt y tuvimos mucha suerte, no nos descubrieron en ningún momento. Así estuvimos toda una semana y los últimos días ya estábamos realizando lecturas de poesía a micrófono abierto, cosa que no era rara para nosotros porque todo eso sucedía en los años 90 en Argentina: ocupar casas o usar espacios independientes para hacer cosas no era una rareza, ni tampoco era para nosotros demasiado subversivo.
Luego volvimos a Berlín y Mati me dijo: “hay que crear una editorial acá”, y de esa manera yo empecé ese mismo año a hacer libros con Milena Berlín. Al tercer año de estar haciendo libros, me di cuenta de que lo que más me interesaba también era multiplicar el efecto de hacerlos, entonces empecé a dar workshops de Buchbindung y armado de libros en formato alternativo. Lo hice durante muchos años y ya en los últimos hubo personas que ya tenían sus editoriales independientes o artistas que participaban del taller. En mi casa guardo un montón de ediciones independientes que fueron haciendo artistes con quienes quedé en contacto.
Simultáneamente a todo esto estabas comenzando tu vida en Berlín, ¿cómo encontraste la ciudad?
Yo creo que Berlín es una ciudad excelente para aprender, para asimilar cosas, así que me moví por todos los lugares que podía. Viajé también mucho por Europa, recorriendo lugares que me interesaban… A Berlín la encontré en el final de un proceso de gentrificación, la encontré transformándose en una ciudad que está llena de automóviles y gente. Cuando yo llegué en el 2009, todo ya marchaba hacia ese plan anabolizante de Berlín como capital cultural que según se dice es un gran referente, aunque no estoy tan seguro de eso.
Pienso que acá sí se produce mucha cultura, pero que también hay que evaluar la fuerza, intención, creatividad y sustancia de esa cultura que se produce y bajo qué agenda se produce. Se sigue desarrollando un fenómeno esterilizante que hace de Berlín un centro de consumo cultural y al arte como una de sus ofertas, pero acaso lo que se produce en su mayoría son productos cargados de clichés. Entonces es un lugar donde escucho que se puede experimentar, pero dudo a veces de que existan tantas libertades para eso. Todo depende de los circuitos que se habitan y cómo se habitan, porque la realidad del experimento Berlín es que la ciudad, el sistema, empieza a experimentar con une y no al revés. Esto es algo que me propongo tener siempre muy presente porque también es una forma de vaciar contenidos y también objetivos personales, me refiero a objetivos artísticos, especialmente para une en tanto migrante y artiste. En 2010 compuse una obra que era un pequeño sello con una frase: hacía estampas en distintos lugares y la frase decía “Desintegrationskurs bestanden” (curso de desintegración aprobado). Alemania obliga a hacer un curso de integración para obtener una visa. Ya recién llegado, pude entender entonces que integrarse a algo suponía simultáneamente desintegrarse de otra cosa. Y este es un punto de conflicto interesante porque en lo referido a identidades, el desafío para mi es poder convivir como diferentes y no como iguales. En el fondo nunca me propuse ser parte de algo, y creo que no hay por qué serlo.
¿A qué te refieres con esto de vaciar objetivos?
Voy a ejemplificarlo con algo de lo que hablamos. La poesía o el arte para mí es una experiencia, es decir algo centrado en un tiempo, por lo que tiene más potencia en un momento y menos en otro. Esa experiencia tiene un punto cúlmine. Para mí el punto importante es el presente, es decir, esa instancia del proceso en el caso de Milena o cuando yo compongo poemas o performances, un ahora. Hay un momento en que esa obra llega a un formato y está cerrada: empieza un proceso de filtración y de pérdida de fuerza porque las cosas empiezan a ser solo libro u obra y no proceso de obra, porque en un momento todo se termina. Una obra puede mantener una fuerza, una potencia, pero al mismo tiempo se puede ir vaciando de a poco, y hay cuerpos e instituciones que pueden vaciar completamente la fuerza inicial que tenía esa obra, acelerar el deterioro o esterilizarla completamente. Es un juego algo dialéctico, digamos, dentro de un espacio-tiempo-movimiento donde interactúan sentido, contrasentido, suprasentido y sinsentido. Y la obra y el artista están expuestos a estos factores y es prudente ser sensible a ellos y tomar decisiones.
Además, cuando solo quedan los objetos que son los libros, no se puede traducir más. La experiencia de Milena no se puede traducir porque fue solamente un determinado momento artístico que se terminó. Se puede dejar registros o archivos de lo que fue ese momento, pero eso no representa lo que fue esa obra de arte, que fue un proceso de creación efímero, que ahora habita otros planos perceptivos. El caso de Milena existió como una no-editorial, fue una no-obra de arte, fue una experiencia, un grupo de personas determinadas. Y eso va alineado con la manera en que yo pienso el arte, esa experiencia que puede ser inútil y no-lineal.
¿Qué terminó sucediendo con Milena Berlín?
Milena terminó en el momento menos pensado, cuando recibimos un fondo del Kulturamt Friedrichshain-Kreuzberg para hacer un evento de poesía. Fue increíble, recibimos 5000 euros para hacer 5 lecturas aproximadamente en 2018, el proyecto se llamó RAUMumDICHTUNG. En ese momento empecé a darme cuenta de que ya se había cumplido un ciclo porque consciente e inconscientemente empecé a sentir una identificación muy fuerte con el proyecto, a aburrirme, y en ese momento se me hizo claro que se estaba gestando una nueva fase. También yo estaba reenfocando mi forma de hacer arte a una etapa mucho más individual y precisaba hacer tiempo para mí. Simultáneamente la generación de artistas que fueron parte de Milena empezó a salir de la ciudad. Si bien hubo autores de Milena provenientes de Alemania como Nikola Richter y Tom Bresemann, les artistes migrantes de la editorial formábamos un grupo que tras 9 o 10 años se iba desintegrando o redireccionando.
Y así surgió lo que es ahora Carrots Tapes, que es una editora y de la cual soy cofundador junto con el artista Miguel Mitlag. Estamos coordinando un label de sonido y poesía, de música electrónica experimental. La poesía está presente, obviamente, pero pasó a otra dimensión y soporte, otro tipo de concepción y distribución. Nosotros editamos cassettes, tapes. Ya vamos 12 ediciones. Para mí todo el abordaje del sonido es divertido como una manera de hacerse sutil, desmaterializar la cosa.

¿Cuándo empezaste con Carrots Tapes? ¿Cómo es su proceso de curación?
Creo que en 2018; mientras Milena estaba terminando, esto empezó. En cuanto a la curatoría, nos interesan determinades artistes y la poesía sonora, pero también hay música electrónica experimental y ediciones de soundscape, o sea, paisajes sonoros y ruidos. Estos últimos son obras no enfocadas necesariamente en la musicalidad de las cosas, sino que captan espacios o momentos. Por ejemplo, tenemos una edición que se llama Supermarkt Affair, que son grabaciones de paseos por supermercados de Berlín: tratamos de localizar los supermercados de las marcas más reconocidas de la ciudad, hacemos registros sonoros, los filtramos y los intervenimos. En el fondo son registros que intentan captar algún momento, como una situación performativa o poética, digamos.
También curamos una antología de poetas junto a Tom Bresemman con material de Mara Genschel, Anna Serra, Von jeglichem Wort, Discote Flaming Star,Norbert Lange, Mathias Traxler, Kina Thot, Ana Paula Santana, Jan Skrob, Turbida Lux, Stimu, Colectivo Retroescavadora, Jürgen Stollhans. Otra colaboración fue con Swantje Lichtenstein, que mezcla poesía con algunos soportes de música ambiental electrónica. Aunque en este caso es solo electrónica. También está el poeta de Puerto Rico Roberto Ncar, que nos compartió catorce registros de cassette que tenía desde los años 90s y nosotros hicimos una selección que terminó siendo un compilado de poemas sonoros muy lindo con una calidad bastante lo-fi, material exquisito y único. Otra edición de Carrots la hicieron Alan Courtis y Léonce W. Lupette, quienes trabajaron en dúo y compusieron algunos poemas y obras sonoras.
¿Y qué ocurría con tu escritura individual mientras tanto?
En 2014 manufacturé y conceptualicé una obra publicada por la editorial L.U.P.I. de Bilbao. Esto fue mientras ocurría lo de Milena Berlín. No encuentro una separación entre lo que es ser poeta y ser un poeta que se autoedita, puesto que para mí lo natural es autoeditarse. Entonces mantengo un vínculo interdisciplinario porque me gusta mantener una cercanía con las artes visuales, ya que en mi caso hago obras que terminan siendo libros de artista, fanzines o ediciones artesanales. El libro Alfabeto Dactilar fue un proyecto bastante ligado a la poesía visual. Básicamente lo que hice fue dividir mi mano en diferentes posiciones para poder escribir y empezar a escribir textos con huellas dactilares, lo cual hice partiendo de la siguiente premisa: quiero transformarme en una máquina de escribir. Me divertía la idea. Entonces empecé a investigar primero elaborando este sistema de escritura y luego a escribir textos dactilares, y eso terminó siendo una obra, un libro que se llama Alfabeto Dactilar que incluye también fotografías de Francisca García.
¿Hay otros trabajos que te gustaría mencionar?
Con la editorial L.U.P.I. también aparecí en una antología de poetas de Berlín editada por Jorge Locane y Ernesto Estrella. Se llamó El tejedor de Berlín y apareció en 2014. En ese período y posteriormente también salieron textos y obras mías en Hochroth Berlín y la editora Hybriden Verlag, de Hartmut Andryczuk. Por otra parte, la última obra que estoy preparando todavía no se ha estrenado. Es un trabajo que va a salir publicado en una revista francesa que se llama Cuadernos de la literatura oral a finales de año, un número de la revista enfocado en poesía y performatividad; se va a llamar Hacia arriba y hacia abajo muchas veces. Es otro experimento centrado en literatura y oralidad, y consistió en recorrer la ciudad de Buenos Aires e ir compilando entrevistas, sonidos, poemas propios, ruidos ambientales en mesas de bares, etc. Edité con ese material audios para un cassette y luego compuse una obra que es como una especie de guión con pequeños dramas distintos. Quería buscar básicamente dramas y conflictos para ir contando ciertas historias o generando vínculo con ciertos ambientes y así ir revelando nuevas narrativas. El paso siguiente fue hacer una transcripción de todos esos audios a un soporte de escritura, un pequeño cuadernillo. La siguiente fase consistió en su traducción al fránces, que estuvo a cargo de Léonce W. Lupette, y así luego empezar a observar todo lo que puede pasar en el viaje del sonido a la transcripción y luego a la traducción, como si fuera hacer una fotocopia de una fotocopia de una fotocopia. Entonces el trabajo consistió en transcribir un proceso performativo que consistió en mi transitar por la ciudad con mi grabadora, la performatividad de entrar a un lugar o a una conversación con una intención artística. Era transcribir y traducir un estado sensible, en este caso relacionado a una escucha diferente a la que uno puede hacer cuando sale de su casa y no se propone hacer una escucha activa.
La escucha activa desde mi punto de vista merece una intencionalidad artística y es uno de los aspectos que más me interesa de esta acción: la intencionalidad de percibir el entorno de una manera diferente. Pero al mismo tiempo se suma algo muy interesante, que es que esa experiencia de escucha activa fue detenida y registrada en audios, en una grabación. En este caso, se compuso finalmente un cuadernillo híbrido con una cinta, un cassette de audio. Y allí aparece un nuevo elemento que está presente desde hace tiempo en lo que hago y es la figura del “médium” o un objeto que cumple un rol como mediador entre situaciones; una tercera cosa, el número 3. Ese mediador es desde mi punto de vista aquello que templa las realidades, que puede acelerar o desacelerar las percepciones, ser una llave retro-proyectiva para crear tiempo. Desde lo sonoro, como dice Michel Chion, grabar es relacionar cosas, en el sentido de que cuando uno detiene un sonido en una grabación este inmediatamente puede ser recombinado con otro sonido. La escritura también es un acto performativo; escribir poesía es combinar cosas.
Para terminar, ¿podrías decirnos de manera resumida de qué manera te acercas a la poesía y cómo concibes tu oficio?
En la poesía hay momentos que trabajo desde lo gráfico, combino contornos y formas que considero que tienen una carga poética. Si trabajo desde lo sonoro, creo que estoy retransmitiendo historias, narrativas y ambientes desde ese medio. Y si trabajo desde lo escrito, que creo es lo más lo más incierto e incoherente que uno pueda hacer porque no hay nada más difícil que transmitir emociones o ideas a través de la escritura, creo que lo que más me desafía es justamente poder escribir y tratar de sintetizar algo. Verdaderamente creo que es un medio que no alcanza para eso y por eso trabajo con otros recursos y recombino la gráfica con el sonido y la escritura.
En cuanto a cómo definiría el oficio puedo citar a Luis Felipe Noé, a quien lo escuché decir que el arte es un oficio de resistencia. A un amigo puertorriqueño, Antonio Salvador, lo escuché decir que la poesía es un vértigo y Susana Thénon decía “Vida: tírame una moneda”, algo así también es aplicable al arte. Aparte de que me gustan mucho esas posibles definiciones, creo que me dedico a este oficio del arte sobre todo porque no sé qué es la poesía, es decir, no estoy haciendo esto porque sé lo que es, sino porque no sé lo que es verdaderamente y confío en que puede ser un medio para transformarme.
La entrevista fue realizada por Martina Herman
La redacción estuvo a cargo de Daniel Sarmiento Osorio
"El hecho de que los libros estén aquí implica toda una gestión, un trabajo": charlas de Barrio con Teresa Cosci

Teresa Cosci (San Luis, Argentina, 1960) vive desde 1987 en Berlín donde participó en colectivos de mujeres y creó junto a otras el Ándale, Frauenvideogruppe. Es madre de dos hijas. Ha trabajado en periodismo, en radio, como creadora y conductora del programa América Indígena, Radio Univ. Nac. de Córdoba (1980-1985); en esa época participó también realizando trabajo social en sentido amplio con comunidades indígenas Wichí de Formosa, entre otras. Ya en Berlín, trabajó también en televisión para el canal alemán DW como locutora y traductora de documentales; también ha sido traductora y locutora para audioguías y/o catálogos de museos, lugares de la memoria y galerías de arte, en Alemania, Países Bajos, Austria y Suiza. Desde hace más de diez años y concretando un sueño lleva adelante la Librería y Espacio Cultural andenbuch.
La entrevista fue realizada por Daniel Sarmiento Osorio
La redacción estuvo a cargo de Daniel Sarmiento Osorio
En esta conversación con nuestra vecina la librera, traductora y locutora argentina Teresa Cosci discutimos en torno a su labor como dueña y librera de Andenbuch, una de las librerías latinoamericanas más emblemáticas de la capital alemana.
Nuestra conversación con Teresa no podía ocurrir sino en su mismísimo lugar de trabajo, una librería ubicada en el patio interior de un edificio en el número 59 de la Bergmannstraße de Berlin: Andenbuch. Aunque seguramente para muchos lectores residentes en la ciudad basta con que se la nombre para evocarla mentalmente, una breve descripción tal vez puede terminar por revelar aspectos de los cuales los clientes quizás somos vagamente conscientes, pero a lo mejor nunca hemos enunciado con claridad en el pensamiento o a voz alta.
En general, el camino para llegar allí ya nos predispone a cierta calma. Al caminar desde la estación de U-Bahn Südstern y luego por la Bergmanstraße, se puede notar que esta calle tiene a un costado un boscoso cementerio y al otro un puñado de cafés y negocios pequeños. Nada de supermercados, nada de oficinas; solo distintas formas del descanso. El patio interior perpetúa esta idea: un pequeño jardín de inspiración japonesa iluminado solo en su coronilla nos escolta hasta la puerta de la librería. Cuando entramos, nos recibe una sala hogareña: sofás y sillas alrededor de una mesa de centro. Rodeando la sala, no obstante, está el alma de la librería: una enorme estantería que alberga obras literarias notables de Latinoamérica y España, así como así como ensayos sesudos sobre temas tan distintos como las teorías decoloniales de Edouard Glissant o las escrituras inclasificables de Gloria Anzaldúa. Junto a las estanterías, en las paredes, se pueden vislumbrar algunos carteles y objetos que anuncian las solidaridades de la tienda: un pañuelo verde del movimiento feminista, tejidos de elaboración amerindia, un cartel en pro de la causa zapatista…
Cuando tuvimos esta conversación todavía era verano, por lo que la puerta del negocio permanecía abierta para circulación del aire. Aunque Teresa había olvidado nuestra cita y me confesó que no gusta mucho de ser entrevistada, no tardamos mucho para vernos envueltos en la charla…
Pensando en que en 2024 se cumplieron cuarenta años de la librería, y que fue establecida y dirigida muchos años por otras personas, nos gustaría saber cómo te empezaste a relacionar con este espacio cuando llegaste a Alemania.
Efectivamente ya más de cuarenta años, se fundó en 1984. Yo llegué en el 87 y la conocí. Era un espacio que por aquel entonces quedaba en Nollendorfplatz, en Schöneberg. Poco después el colectivo que la fundó se deshizo y la siguió llevando Thomas Reubens, un uruguayo alemán que la tuvo casi 20 años. Él la convirtió en una librería de lenguas romances porque logró comprar una librería que estaba en insolvencia, la Romanische Buchhandlung de Berlín, que fue establecida a comienzos del siglo XX.
Después de la caída del muro la ciudad cambió y entonces se abrieron otras librerías en italiano, francés, portugués, no sé si rumano... Y fue entonces cuando yo decidí comprar la librería, porque Thomas estaba en proceso de jubilarse y devolverse.
¿Qué fue lo que te motivó a llevar a cabo esa adquisición? ¿Cómo sientes que tu nueva dirección, es decir el nuevo proyecto que empieza cuando tú adquieres la librería, se conecta un poco con lo que había antes?
Bueno, en realidad para mí siempre había sido un sueño tener una librería; desde niña soy una bibliófila, desde los orígenes. Aunque en ese momento en realidad quería hacer otro proyecto y por eso fui a invitar a Thomas a que se uniera, pero fue justo ahí cuando él me dice que se vuelve a Uruguay y yo me decido a comprar la librería.
Creo que tiene ahora la misma dirección que tuvo en sus orígenes: que sea un lugar de encuentro, fundamentalmente, de pensamiento crítico y político. Todo eso lo he mantenido y creo que además lo he acrecentado.
Y sin embargo, ¿percibes algún cambio o expansión de cara a ese propósito original?
El colectivo en sus orígenes lo que buscaba era que hubiera un lugar de encuentro latinoamericano en ese momento. Casi todos ellos eran exiliados políticos, venían de todas las horribles dictaduras latinoamericanas del Cono Sur; de Chile, Uruguay y Argentina. Ese fue su proyecto original y yo lo he respetado también.

Y en un aspecto más pragmático, ¿cómo fue ese proceso de adquisición en la práctica? Tengo entendido que poco después de que adquieres la librería encuentras este local para reubicarla, ¿qué factores incidieron en la elección de este lugar?
Como decía, no adquirí el lugar propiamente, sino que adquirí una librería. O sea, adquirí un nombre con toda su historia, una cierta cantidad de libros y una pequeña cartera de clientes. Pero bueno, es lo que había en ese momento. Ya con este lugar en particular me encontré de una manera mágica, como ocurren muchas cosas.
El local está en un patio interior. No da a la calle, donde todo el mundo pasa y puede ver la vidriera llena de libros. Tuve que hacer mucho para que la gente supiera que aquí está la librería. Para muchos Andenbuch fue la única librería latinoamericana que hubo durante muchísimo tiempo, particularmente para la gente de mi generación, pero para la gente joven nueva era difícil llegar y enterarse de que existíamos.
En general, mi necesidad era encontrar un local que pudiera albergar no sólo la librería, sino que fuera un lugar de encuentro de escritoras y escritores, de lecturas, de talleres. En fin, un espacio cultural. Y que además fuera accesible a personas con problemas de movilidad. Por eso ves que no hay en el centro de la librería una mesa llena de libros, ni cajas por todos lados: es necesario que sea así para que el espacio pueda transformarse y pueda haber en él lecturas, conciertos, microteatro...
Pensando un poco en la distribución del espacio físico y de los objetos, me llama la atención la manera como distribuyes los libros en las estanterías. ¿Cuál es tu criterio para ordenar los libros?
Invierto mucho tiempo en la curaduría de todo esto que ofrezco. En cuanto a la distribución física de los libros, tiene que ver con que me gusta que la gente se oriente más a través de los países, y ya dentro de cada país navegando su narrativa y poesía respectivas. Así, cada país está organizado en su interior por orden alfabético. Entonces se trató de una cuestión práctica, de evitar que, por ejemplo, si quieres buscar a un autor de República Dominicana no lo puedas encontrar, pero también de tratar que la narrativa siempre esté acompañada por la poesía correspondiente a ese país.
Pero también tengo secciones no organizadas por país y dedicadas al pensamiento crítico político, que me interesa muchísimo. Tengo una gran sección de ciencias sociales muy enfocada a teorías sociológicas y filosóficas de Latinoamérica, aunque también sobre otros fenómenos fuera del continente, como el actual conflicto palestino israelí, el Magreb o el feminismo en el islam… También me interesa tener una parte dedicada a Berlín, de traducciones y textos en lengua original de autores y autoras que escriben sobre Berlín; de esos libros hay bastante. Y bueno, también tengo una parte muy pequeña de la estantería dedicada a literatura infantil y juvenil.
Pero eso cubre apenas los libros que tienes en la planta superior de la librería, ¿qué hay en el sótano?
Abajo en el sótano tenemos una gran sección de usados, que recibo en donación porque el dinero que sale de su venta se destina a una escuela guatemalteca que se llama Santa Clara de Chajul. Hay gente que como ya sabe de ese proyecto benéfico viene cada tanto no solo a donar libros, sino también a ver qué tiene de nuevo para ofrecer y, si tienen buen ojo, encuentran tesoros.
Después tengo también una sección de bilingües, aunque no tengo libros de aprendizaje de idiomas como tal. Simplemente si me los piden, los traigo. También tengo literatura universal en traducción y a la inversa, es decir literatura latinoamericana o española traducida al alemán. Y bueno, incluso tengo una pequeña sección en catalán, porque también hay comunidades catalanas aquí en Berlín.
¿Y en general de qué manera resumirías el mensaje que buscas formular a través de tu curaduría?
Yo hago una curaduría bien pensada, me paso muchas horas buscando y viendo y leyendo. Soy lectora, lectora de todo, de ensayo de poesía, de filosofía, de sociología y antropología, que siempre han sido mis temas, lo que me ha preocupado. Me interesa muchísimo que la academia salga a la calle. Por ejemplo, si hay algún académico que hizo un estudio sobre Reinaldo Arenas, con toda seguridad voy a querer tenerlo pronto en la librería contándonos cuál ha sido su investigación. Aquí se acercan muchísimos académicos que ofrecen charlas y eso me encanta, porque así sus tesis y sus proyectos no se quedan solo entre ellos y el tutor, sino que también se da a conocer en qué andan pensando y cuáles son sus preocupaciones hoy en día.
¿Y cómo realizas la construcción de este catálogo de la librería? ¿Qué estrategias empleas para hacerlo?
Bueno, ese es uno de los secretos de la librería. Lo único que te puedo decir es que me arriesgo a comprar libros y que compro en México, Colombia, República Dominicana, Chile, Argentina… Es un riesgo que corres como librero porque son todas compras en firme. No se puede devolver un ejemplar que llegó dañado a República Dominicana o a México. Entonces tengo que hacer un una selección muy clara. También pasa que a veces te arriesgas y después de cinco años siguen los libros ahí…
Me imagino que también se trata del olfato que tú desarrollas frente al clima cultural y para saber lo que tus lectores quieren. En ese sentido, ¿te has formulado una idea de quién es tu cliente promedio? Y si es así, ¿cómo lo describirías?
Es muy variado en realidad. Hay gente que viene a buscar solo poesía. Hay otros que vienen un poco perdidos, sin saber qué quieren leer… Pero el cliente promedio busca mucho literatura latinoamericana, últimamente sobre todo mujeres. Tengo muchos clientes hombres que me dicen: “quiero leer mujeres, porque en realidad nunca lo hice”. Pero también nosotras las mujeres crecimos leyendo a hombres y en muchos casos en traducciones, algunas buenas y otras muchas malas. Aunque, bueno, yo me diferencio un poquito de eso porque en mi casa se leía también a mujeres, y de hecho vengo de una casa donde había lectores y lectoras.
También hay mucha gente que viene a buscar solamente ciencias sociales, feminismo, tengo una sección de literatura queer también. Como decía, es muy variado, no podría describir un cliente así promedio. Eso sí, tengo muchos estudiantes que son clientes y les hacemos descuento. Yo creo que la gente se acerca aquí justamente por el catálogo que ofrezco. Muchos pasan espontáneamente y se sorprenden con todo lo que hay, pero usualmente la gente que viene lo hace muy a propósito porque saben qué es lo que se ofrece.

Una de las cosas que he notado es que tanto tú como por Gabriel, el otro librero, suelen hacerles conversación a los visitantes y así de repente se comienzan a intercambiar intereses y temas de investigación. ¿Podrías comentarnos un poco más acerca de esa sociabilidad especial que se da en Andenbuch entre clientes y libreros?
Esa es la manera en la que me encuentro con la gente y como ellos se encuentran conmigo: conversando, hablando, sabiendo cuáles son sus intereses. A veces pregunto de dónde vienen y a algunos no les gusta mucho, pero siempre lo cuentan. Para mí esta pregunta es un ubicarnos en la geografía, en esa geografía que tienes dentro de ti y qué podría ser el Perú amazónico o Bogotá. Cuando lo pregunto no lo hago por una cuestión de nacionalidad, sino que me hago una imagen de la geografía de donde viene esa persona. Y bueno, todos los chicos que han trabajado acá también se integran inmediatamente a esto que nace de aquí, eso que está en este ambiente y en su espacio.
Siento que de alguna manera la distribución de las estanterías y la configuración de este espacio a manera de sala favorece ese intercambio. En el sentido en de que, por ejemplo, en otra librería se encuentra una división por categorías como ficción, no ficción, libros académicos, etc., mientras que en cambio acá el espacio invita a pensar directamente en la propia nacionalidad. También lo observo en las empanadas que tú tienes, los tejidos y afiches en las paredes…
No sé si se trate tanto de nacionalidad, sino más de esa idea de que venimos del sur, de que somos del sur y tenemos esta manera de ser. Además, aquí hacemos muchísimos eventos, y eso tiene mucho que ver con el hecho de que para mí la cultura es cuerpo. Yo sufrí mucho durante la pandemia sobre todo por eso, por no poder hacer eventos y encuentros. Aunque como el Senado de Berlín decidió durante la pandemia que las librerías vendíamos artículos de primera necesidad, así como farmacias y supermercados, pudimos abrir. Entonces abrimos incluso durante esos dos años y mucha gente llegaba a conversar, también hartos de lo virtual y queriendo sentir el papel.
Para mí no cobrar entrada a los eventos es algo fundamental. Lo hago porque puedo y porque eso invita a la gente a que participe de este espacio. Así, en lugar de pagar una entrada se pueden comprar un libro, comerse una empanada, tomarse una cerveza y conversar.
¿Bajo qué criterios seleccionas los eventos y talleres para presentar?
Al principio yo tenía que salir a buscar los eventos, pero ahora ya recibo un tsunami de ofertas. Eso me implica tener que hacer una curaduría. Elijo realmente lo que me interesa, pero trato de que durante en el mes haya variación. Este no es un lugar de conciertos, pero siempre hay algún concierto; es un espacio muy pequeño para hacer teatro, pero a veces hay microteatro también. Entonces se trata de intentar abarcar todas las artes.
En cuanto a las lecturas, tenemos la suerte de que Berlín atrae a muchísimos escritores y escritoras. Siempre hay autores invitados por el programa de artistas de la DAAD. Muchos que se acercan a la librería y a otros los invito a que vengan. Así que siempre tengo que estar muy atenta a la gente que llega a Berlín, pero también a la gente que está en Berlín, particularmente la gente joven. Hay escritores emergentes a quienes también me interesa darles espacio. En general este es un espacio que se presta para ofrecerlo.
Es muy patente que en Berlín hay una escena de escritura latinoamericana en ebullición, un movimiento fuerte y palpable. Pensando en que tu interés es que Andenbuch sea un espacio que se ofrezca a esta escena, ¿tienes anécdotas de eventos que ilustren como la librería se ha ido volviendo fundamental para ella?
Claramente yo no me siento sola en todo esto. Desde hace unos diez o 15 años en Berlín hay distintos espacios de cultura española, latinoamericana o mixtos que han venido creciendo como hongos. Hay muchos lugares y muchos grupos de poesía, grupos de lectura que se reúnen a veces en un café, en una casa o incluso a veces aquí…
Creo que el mío es solo uno de tantos espacios que se ofrecen para esto. También está la librería La Escalera con Germán Restrepo, que es un querido colega; el Salón Berlinés de José Luis Pizzi; Luis Meneses con su taller. Luis es un ícono de Berlín; antes de la caída del muro tenía un lugar increíble que se llamaba La Cueva cerca de Moritzplatz y ahora continúa presentando música, lecturas y cine en su atelier. Así que hay montones de lugares y el mío es uno de tantos. Lo que suma Andenbuch es la librería, igual que el espacio de Germán.
Me encanta que se den estos espacios a lo largo y ancho de la ciudad. Que no sea solo en Kreuzberg o Neukölln, sino que también haya en Prenzlauer Berg, Wedding… Estuve hace poco en una lectura en un lugar hermoso, y que pertenece a un proyecto que lleva dos años solamente, con un pensador peruano de casi 90 años que se llama Héctor Béjar. Lo vi presentarse en un lugar que se llama Prinzenallee, que era un Ballhaus, un lugar en el que antes había danza y baile, pero que desde hace dos años una chica peruana y su compañero alemán utilizan para presentar teatro y cine. Me sorprendió encontrar lugares así y cada vez hay más. Hay más grupos, particularmente grupos de mujeres: Sinapsis, que se creó hace poco; Migrantas, que ya lleva más años… El movimiento cultural y de pensamiento crítico en Berlín tiene larga data.
Pensando en el alcance de la librería más allá de la comunidad latinoamericana, ¿cómo sientes que la librería ha dialogado o entrado en contacto con las personas nativas y las instituciones alemanas? ¿Has recibido alguna de suerte apoyo por parte de instituciones culturales alemanas?
Hemos hecho algunos eventos bilingües donde ha participado una que otra editorial alemana, por ejemplo. Pero bueno, yo en calidad de dueña de un negocio no puedo acceder a ninguna subvención. Todo esto está hecho a pulmón y con mucho esfuerzo; contando cada pesito. Lo que voy a decir lo saben todos los libreros del mundo, y es que no es un negocio donde se gane mucho dinero. La diferencia que haces entre lo que inviertes y lo que recibes es muy poca. Lo que genera todo esto es que te toque seguir resistiendo y avanzando.
Subvenciones no he recibido jamás. O bueno, solamente recibí una para la elaboración del catálogo online, pero solamente una parte, que me la dio la Cámara del Libro alemana. Cuando empecé con el negocio fui a algunas consejerías porque no estaba muy enterada de si en calidad de librería podía acceder a esas subvenciones y me interesaba saber, pero lo que pasó fue que me mandaron a pedir un crédito. Entonces dije: “bueno, ya está”. Pero en fin, este espacio sí ha alojado eventos que han sido subvencionados. Hay varios grupos con apoyo externo, Migrantas, por ejemplo, que van a presentar proyectos y necesitan de un espacio para presentar su oferta cultural o política. Aunque bueno, todo lo cultural es político.
Mucha gente me dice: “qué hermoso una librería, qué romántico”. Pero claro, nadie piensa en la contabilidad, los impuestos de hacienda... El hecho de que los libros estén aquí implica toda una gestión, un trabajo.
Sé que en otras ciudades europeas a excepción de España es bastante difícil encontrar este tipo de espacios, de modo que uno puede imaginarse distintas diásporas latinoamericanas que no tienen lugares de encuentro basados en el lenguaje y la literatura comunes. ¿Qué tipo de comentarios recibes de esos visitantes?
Sí, conozco mucha gente que viene de visita y me dice que en tal o cual lugar no hay un espacio así y les digo: “ponte una librería; empieza con usados”. Y así los invito a que inicien sus propios proyectos, a que esto que está sucediendo aquí se multiplique también. Una de las razones por las que me gusta Berlín es que empieza a haber muchos lugares donde ocurren cosas. Tanto que a veces es difícil decidirse a qué evento ir porque muchas veces todo sucede en paralelo. Pero es muy bonito que eso ocurra, porque eso significa que estamos vivos y buscando que esto siga funcionando y creciendo.
La entrevista fue realizada por Daniel Sarmiento
La redacción estuvo a cargo de Daniel Sarmiento